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Nachhaltigkeitsschachbrett - 64 Hebel
Das Schachbrett
Aus den 16 Ansätzen ergeben sich 64 Hebel, mit denen die Nachhaltigkeitsleistung in Unternehmen gezielt gefördert werden kann.
4 Strategien | 16 Ansätze | 64 Hebel
Vollumfängliche Datenbank
Interne Datenbanken haben oft den Nachteil, dass sich die Daten entweder an verschiedenen Orten befinden, wo sie nicht zwingend aktualisiert oder synchronisiert werden, oder dass der Datenzugriff per se schwierig ist. Um den Ist-Zustand Ihres Unternehmens und erforderliche Maßnahmen bestimmen zu können, müssen Sie eine vollumfängliche, unternehmensweite Datenbank für alle wichtigen Nachhaltigkeitskennzahlen aufbauen. Eine solche universelle Datenbank ist eine wesentliche Voraussetzung für die Nutzung der fortgeschritteneren Hebel unserer Schachbrett-Matrix. Im Zuge der Datenbankerstellung müssen Sie eine Reihe von essenziellen Fragen beantworten:
- Wo werden die Daten erzeugt?
- Wie werden die Daten gespeichert?
- Wer kontrolliert die Daten?
- Wer hat Zugriff auf die Daten?
- Wie ist die Kostenstelle strukturiert?
Es braucht zudem ein hohes Maß an Fachkompetenz, um die Daten korrekt zu bereinigen und verschiedene Analyseebenen sowie Betrachtungsweisen beziehungsweise Blickwinkel aufeinander abzustimmen. Im Gegensatz zum Hebel, der sich mit der Schaffung eines Nachhaltigkeits-Data-Lakes befasst, befinden sich in einer vollumfänglichen Datenbank keine Rohdaten, sondern bereits verarbeitete KPIs und strukturierte Daten.
Da dieser Datenbanktyp den Entscheidungsprozess maßgeblich unterstützt, sollten sowohl wichtige Entscheidungsträger als auch die zuständige Arbeitsgruppe darauf zugreifen können. Die Datenerfassung kann auch jenseits der Unternehmensgrenzen erfolgen, zum Beispiel unterstützt durch externe Dienstleister, die Emissionen entlang der Wertschöpfungskette ermitteln.
FALLSTUDIE: Merck
Der US-Pharmakonzern Merck bewertet regelmäßig die Nachhaltigkeit seiner Produkte, Technologien und Unternehmensaktivitäten. Mit seinem Sustainable Business Value Tool berechnet und evaluiert Merck die positiven und negativen Folgen für die Gesellschaft. Bei der Folgenabschätzung zum Beispiel unter finanziellen Gesichtspunkten betrachtet Merck mehrere Dimensionen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg (ESG-Kriterien, ökonomischer Wert, Ethik, Verbraucherschutz, Digitalisierung). Für seine Methodik erhielt der Konzern den Deutschen Award für Nachhaltigkeitsprojekte 2021 in der Kategorie „Bewertungskonzepte/-tools“.
Rahmenstruktur für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken
Unternehmen mit fortgeschrittener digitaler Reife können sich mit einer Rahmenstruktur für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken auf potenziell disruptive Szenarien vorbereiten. Wenn Sie diesen Hebel nutzen, können Sie den proaktiven Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken innerhalb der Wertschöpfungskette fördern. Bei richtiger Umsetzung erhalten Sie mit einer Rahmenstruktur für das Risikomanagement wertvolle Antworten auf verschiedene Fragestellungen, zum Beispiel dazu, welche Investitionen in die Risikominderung notwendig sind, welche Fähigkeiten benötigt werden, wie redundant Ihre Prozesse sind und wie viel Sicherheitsbestand vorhanden ist.
Infolge der hohen Volatilität des makroökonomischen Umfelds hat sich die Anzahl der möglichen disruptiven Ereignisse sprunghaft erhöht. Um in diesem Umfeld zu bestehen, benötigen wir alle mehr Resilienz und ein besseres Risikomanagement. Um hochkomplexe Zusammenhänge in den Griff zu bekommen, sollte die Rahmenstruktur durch die richtigen Instrumente ergänzt werden (zum Beispiel Resilinc, „Trust your Supplier“ oder Interos).
Datenmangel und die Integration interner Daten sind schwierige Aufgaben, zu deren Lösung externe Serviceanbieter wie EcoVadis mit Lieferantendaten beitragen können. Allerdings erfordert dieser Grad an interner Data Governance eine fortgeschrittene digitale Reife und robuste Analysefähigkeiten, um Techniken wie die prädiktive Analyse und Szenariomodellierung nutzen zu können.
Auch die Zuweisung von Verantwortlichkeiten und die Definition von Entscheidungspfaden innerhalb des Unternehmens sind wichtige Aufgaben. Dabei sind zum Beispiel folgende Fragen zu klären:
- Wer kann auf die Plattform zugreifen?
- Wer ist Plattformeigner?
- Wer stellt die Daten bereit?
Sie sollten außerdem sicherstellen, dass der Output der entwickelten Rahmenstruktur für das Risikomanagement in den Entscheidungsprozess einfließt. Eine Rahmenstruktur sollte so beschaffen sein, dass sie identifizierte Risiken lösungsorientiert behandelt. Sie sollte Ihnen auch eine Empfehlung dazu geben, ob bestimmte Risiken gemindert, versichert, vermieden oder akzeptiert werden sollten.
FALLSTUDIE: NIBC
NIBC, eine Handelsbank mit Sitz in den Niederlanden, entwickelte eine Rahmenstruktur für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken, um diese Risiken als Teil des übergeordneten Risikomanagements zu beurteilen und damit umzugehen. Anhand der Rahmenstruktur will die Bank Risiken mindern und mögliche Chancen identifizieren, um die Umwelt- und Menschenrechtspraktiken ihrer Finanz- und Investmentaktivitäten zu verbessern. Die Rahmenstruktur definiert Governance und Implementierung sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb der Bank, mit denen Nachhaltigkeitsrisiken festgestellt und gemindert werden sollen.
Der Nachhaltigkeitsbeauftragte der NIBC ist verantwortlich für die Formulierung von Richtlinien, für Beratung, Überwachung und das Reporting der Umsetzung. Auch Management, Steuerung und Reporting von Nachhaltigkeitsrisiken gehören zu seinem Aufgabenbereich. Potenzielle Nachhaltigkeitsrisiken fallen in die Bereiche Umwelt, Klima, Gesellschaft, Menschenrechte und Governance. Die Rahmenstruktur wird auf alle Finanzdienstleistungen angewendet, die von der NIBC und ihren Geschäftsbereichen angeboten werden.
Anwendung von Nachhaltigkeitsdaten
Wenn Ihr Unternehmen bei der Datenerfassung und der Interpretation von Nachhaltigkeitskennzahlen eine gewisse Reife erreicht hat, sollten Sie sich die Vorteile einer größeren Datenbasis zunutze machen und Nachhaltigkeitsdaten in Ihre Szenarioplanung und Tiefenanalysen aufnehmen. Die Anwendung von Nachhaltigkeitsdaten kann viele Formen annehmen; meistens dient sie jedoch der Entscheidungsfindung durch Modellierung verschiedener Szenarien.
Der aktuelle Hebel baut auf dem Konzept einer vollumfänglichen Datenbank auf und will alle Bereiche und Abteilungen dazu ermutigen, die gewonnenen Daten bei ihrer Entscheidungsfindung aktiv anzuwenden. Er beschränkt sich bewusst nicht darauf, nur ausgewählte Mitglieder des Nachhaltigkeitsteams oder einige wenige Entscheidungsträger zu involvieren, die nachhaltigkeitsorientiert denken. Die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsdaten erweitert den Entscheidungshorizont und ist ein logischer Schritt hin zur Integration von Nachhaltigkeitsaspekten in immer mehr Unternehmensaktivitäten. Sie bedeutet auch, dass Nachhaltigkeitsaspekte sowohl zur Unterstützung bestimmter Zielvorgaben (zum Beispiel zur Überprüfung von sekundären und tertiären Zielen) als auch als Hemmschuh verwendet werden können (wenn eine konkrete Entscheidung beispielsweise einen eher negativen Effekt auf die Nachhaltigkeit hat). Obwohl die beiden Elemente in der Schachbrett-Matrix relativ weit voneinander entfernt liegen, profitiert die Anwendung von Nachhaltigkeitsdaten enorm von der Einführung einer Logik für einen nachhaltigen Business Case (und umgekehrt). Die Anwendung der Daten und die Nutzung des Outputs als Schlüsselkennzahl innerhalb des größeren Entscheidungsvorgangs kann Ihnen dabei helfen, Entscheidungen im Interesse der Nachhaltigkeit zu treffen.
FALLSTUDIE: Voith GmbH & Co. KGaA & Co. KGaA
Als weltweit tätiges Technologieunternehmen nutzt die Voith GmbH Nachhaltigkeitssoftware von Quentic, um ihre sozialen, ökologischen und ökonomischen Aktivitäten an zentraler Stelle zu evaluieren. Die Software dient als Reporting-Grundlage und reduziert den Arbeitsaufwand für die Erfassung, Verifizierung und Auswertung der relevanten Daten, da zahlreiche Schritte automatisiert ablaufen. Damit erleichtert sie sowohl die Kommunikation innerhalb des Unternehmens als auch den Dialog mit externen Stakeholdern und Kunden, die über eine zentrale Plattform mit der Voith GmbH verbunden sind.
Nachhaltigkeits-Due-Diligence
Der Begriff Due Diligence stammt aus dem M&A-Bereich, wo er die Prüfung und Analyse im Vorfeld einer Transaktion beschreibt. Im Nachhaltigkeitskontext sollten Sie eine Due Diligence durchführen, um die Compliance eventueller Partner abzuklären. Dabei muss ein potenzieller Geschäftspartner wie beispielsweise ein Lieferant, Investor oder Franchisenehmer eine Due Diligence unter Anwendung von Nachhaltigkeitskriterien bestehen, bevor er eine Geschäftsbeziehung mit Ihrem Unternehmen eingehen kann. Dieser Hebel schützt Ihre eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen und legt die Messlatte entlang der gesamten Wertschöpfungskette höher, woraus ein Wettbewerbsvorteil für Ihr Unternehmen entstehen kann. Er nutzt Auditierungen und routinemäßige Nachhaltigkeitsprüfungen als Fundament und erweitert sie sowohl quantitativ (indem er alle Arten von potenziellen Partnern einbezieht) als auch qualitativ. Eine Nachhaltigkeits-Due-Diligence ist Ausdruck Ihrer hohen Ansprüche, da sie als wirksame Eintrittsbarriere für ungeeignete Partner dienen kann.
Die Due-Diligence-Vorgaben sollten einen Standardabschnitt enthalten, der auf alle Arten von Geschäftspartnern anzuwenden ist, ergänzt durch spezifische Abschnitte für bestimmte Branchen. Eine solche Zweiteilung ermöglicht Ihnen die Formulierung maßgeschneiderter Nachhaltigkeitsziele, die Sie aus Benchmark-Daten Ihrer Branche ableiten können. Eine der Hauptschwierigkeiten bei der Nachhaltigkeits-Due-Diligence besteht darin, möglichst wenige bürokratische Hürden aufzubauen, die Ihr Geschäft hemmen und signifikante Kosten verursachen können. Das Nachhaltigkeits-Screening sollte sowohl neue als auch bestehende Geschäftspartner berücksichtigen, um ein einheitliches Verhalten und Leistungsniveau zu erhalten. Auch hier sind manche Geschäftspartner natürlich wichtiger als andere. Wie anspruchsvoll Ihre Due Diligence und die Zielvorgaben sind, können Sie daher flexibel anpassen.
FALLSTUDIE: Volvo Cars
Der schwedische Autohersteller verlangt von seinen Lieferanten eine Compliance Due Diligence, bevor er ein Vertragsverhältnis mit ihnen eingeht. Auf diese Weise sollen Rechtsrisiken erkannt und gemindert werden, die aus Korruption, der Verletzung von Handelssanktionen, Geldwäsche oder der Missachtung von Menschenrechten erwachsen können.
In den Due-Diligence-Prozess können weitere Vorgaben integriert werden, zum Beispiel das Vorhandensein eines zertifizierten Systems für das Qualitäts- und Umweltmanagement (ISO 9001, IATF16949, ISO14001), die Einhaltung von Zielwerten zu Recyclingmaterialien, die Meldung des Materialgehalts an das IMDS (International Material Data System) und die Offenlegung von Konfliktmineralien in Volvo-Produkten (CMRT, Conflict Minerals Reporting Template).
Für Volvo ist die Due Diligence ein fortlaufender, proaktiver und reaktiver Prozess, der durch schrittweise Verbesserungen und einen konstruktiven Dialog mit den Lieferanten geprägt ist. Alle zugelassenen Lieferanten müssen durch einen strukturierten Prozess sicherstellen, dass die Volvo-Bestimmungen von ihnen selbst und ihren Unterlieferanten berücksichtigt werden.
Management von Nachhaltigkeitsrisiken in der Wertschöpfungskette
Basierend auf Risikobewusstsein und auf der Rahmenstruktur für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken identifiziert und managt dieser Hebel Nachhaltigkeitsrisiken in der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette. Um Nachhaltigkeitsrisiken gemeinsam mit den Lieferanten Ihrer Lieferanten oder den Kunden Ihrer Kunden zu erkennen und zu beheben, ist ein hohes Maß an organisatorischer Reife und Transparenz notwendig. Zugleich kann das Management von Nachhaltigkeitsrisiken in der Wertschöpfungskette aber auch die Resilienz Ihrer Wertschöpfungskette gegenüber kurzfristigen Disruptionen und langfristigen Effekten signifikant erhöhen.
Das Management von Nachhaltigkeitsrisiken in der Wertschöpfungskette benötigt somit verlässliche Daten, geeignete Werkzeuge und eine funktionierende Zusammenarbeit mit Lieferanten. Es ist außerdem sinnvoll, sie auf traditionelleren Rahmenstrukturen für das Risikomanagement aufzubauen und diese entlang der Wertschöpfungskette auszudehnen. Diese Vorgehensweise führt jedoch zwangsläufig zu Kompromissen und Debatten mit den verschiedenen Partnern, da Anreize häufig nicht für alle gleichermaßen gegeben sind. Wenn Sie Ihren Tier-4-Lieferanten, zum Beispiel den Betreiber einer Kobaltmine, zu mehr Arbeitsschutz für seine Angestellten auffordern, wird dies seine Gewinnmarge reduzieren. Der Lieferant wird versuchen, diesen Verlust durch Preiserhöhungen wettzumachen, die sich durch die Lieferkette fortpflanzen, bis Sie bei Ihrem Unternehmen angelangt sind. Entsprechend kann es für Ihr Unternehmen sinnvoll sein, von einem Erdölproduzenten die Investition größerer Summen in redundante Sicherheitssysteme für den Leckageschutz zu verlangen. Womöglich hat der Produzent aber bereits eine Risiko-Kosten-Analyse durchgeführt und ist zu dem Schluss gekommen, dass er in derartige Systeme nicht investieren wird. Wie diese Beispiele zeigen, ist für ein Management von Nachhaltigkeitsrisiken in der Wertschöpfungskette ein hohes Maß an politischem Taktgefühl und strategischem Verhandlungsgeschick notwendig. Es braucht Zeit, bis alle Partner Ihrem Vorbild folgen, ganz zu schweigen davon, dass sie Investitionen in das Risikomanagement nachholen und gleichwertige Nachhaltigkeitspartner werden.
Nachhaltigkeits-Data-Lake
Die Erfassung und Auswertung zuverlässiger Daten ist eine grundlegende Voraussetzung für erfolgreiche Nachhaltigkeitsmaßnahmen. Ein Data Lake ist ein gigantischer Speicher von Rohdaten, in den zahlreiche Abteilungen all ihre Datenpunkte einspeisen. Der Data Lake kann dann für Big-Data-Analysen und/oder ML-Algorithmen verwendet werden, um Hypothesen zu testen und Korrelationen sowie Kausalzusammenhänge zu erkennen. Die Schaffung eines Nachhaltigkeits-Data-Lake erfordert die notwendige IT-Infrastruktur; für seine Nutzung sind entsprechende Big-Data-Kapazitäten notwendig.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch eine Sharing-Kultur, die dafür sorgt, dass die einzelnen Funktionen ihrer Verpflichtung zum Daten-Upload auch wirklich nachkommen. Unternehmen, die einen solchen Data Lake eingerichtet haben, können ihn für tiefschürfende Analysen verschiedener Aspekte ihrer Nachhaltigkeitsperformance nutzen. Aus den Resultaten lassen sich Muster und Korrelationen zwischen Funktionen erkennen, da Daten miteinander kombiniert werden, die andernfalls nie herangezogen würden. Diese Verknüpfung ganz unterschiedlicher Datensätze ermöglicht nicht nur Verbesserungen oder gar Durchbrüche bei der Nachhaltigkeit, sondern ist auch ein exzellenter Motor für Innovation. Zu beachten ist allerdings, dass Sie dedizierte Ressourcen benötigen, um die Daten fortlaufend zu bereinigen, zu pflegen und zu analysieren.
Nachhaltigkeitsfördernde Produkte
Nachhaltigkeitsfördernde Produkte nutzen den Hebel eines nachhaltigen Produktportfolios, fügen ihm jedoch ein wichtiges Detail hinzu. Anstatt sich zu fragen, wie ihre Produkte nachhaltig sein können, wollen Unternehmen mit nachhaltigkeitsfördernden Produkten wissen: „Wie können meine Produkte den Kunden dabei helfen, nachhaltiger zu werden?“ Einfach gesagt, ist das der Unterschied zwischen einem Pkw aus verantwortungsbewusster Beschaffung und Produktion und einem Elektrofahrzeug. Während der Pkw so nachhaltig ist, wie ein Auto mit Verbrennungsmotor eben sein kann, unterstützt ein Elektrofahrzeug den Besitzer auch weiterhin auf dessen Weg zu mehr Nachhaltigkeit, wenn dieser damit fährt. Bei manchen Produkten wie zum Beispiel Elektrofahrzeugen oder LED-Lampen lässt sich dies leicht bewerkstelligen. Wer sich als Unternehmen jedoch an nachhaltigkeitsfördernde Produkte wagt, wird schnell feststellen, welche Herausforderungen mit einer völlig anderen Herangehensweise an das Produktdesign verbunden sind.
An dieser Stelle ist hervorzuheben, dass dieser Hebel nicht nur für Unternehmen relevant ist, die den Endverbrauchermarkt bedienen. Insbesondere B2B-Unternehmen mit nachhaltigkeitsfördernden Lösungen verschaffen sich signifikante Vorteile gegenüber dem Wettbewerb, da sich auch ihre Kundenbasis (aus eigenen Stücken oder regulierungsbedingt) in Richtung einer besseren Nachhaltigkeitsperformance bewegt. Wenn Sie sich als einziger Anbieter einer Produkt- oder Servicelösung hervortun, die nicht nur ihren vorgesehenen Zweck erfüllt, sondern den Kunden auch bei der Einhaltung ihrer Nachhaltigkeitsziele und -quoten hilft, kann dies spürbar positive Auswirkungen auf Ihren Umsatz haben.
FALLSTUDIE: Führender Hersteller von Haushaltsgeräten
Ein führender Hersteller von Haushaltsgeräten bat uns, ihn bei der Entwicklung einer neuen Produktlinie zu unterstützen. Der Klient war besorgt, da in seinem Markt vermehrt günstige Smart-Home-Produkte angeboten wurden. Diese sind energieeffizienter als herkömmliche Lösungen und weisen dadurch niedrigere Betriebskosten und eine bessere Nachhaltigkeitsbilanz auf. Der Klient hatte bereits mit der Erweiterung seines Produktportfolios begonnen, war jedoch noch nicht so weit gediehen, um die neue Produktlinie in Serie fertigen zu lassen. Erschwerend kam hinzu, dass seine Kunden größtenteils nicht internetfähige Geräte besaßen, die durch die neuen, vernetzten Appliances obsolet werden würden. Das gemeinsam vereinbarte Ziel bestand darin, ein Nachrüstprodukt für nicht vernetzte Geräte zu entwickeln, das diese Lücke schließen konnte, um den herkömmlichen Modellen zu mehr Nachhaltigkeit und damit mehr Konkurrenzfähigkeit zu verhelfen.
Gemeinsam mit dem Klienten formulierten und validierten wir die Anforderungen für das Nachrüstprodukt anhand von Umfragen und Workshops. Parallel dazu unterstützten wir den Klienten bei der Ermittlung von Partnern für die Software- und Hardwareentwicklung. Dank der beschleunigten Umsetzung konnten die ersten Hardware- und Softwareprototypen in weniger als drei Monaten fertiggestellt werden; die Serienproduktion konnte innerhalb von acht Monaten beginnen. Nicht einmal ein Jahr nach ihrer Konzeption kamen die ersten Nachrüstprodukte in den Handel und sorgten für eine signifikant bessere Nachhaltigkeitsbilanz der älteren Modelle. Insbesondere in Schwellenländern ließ sich der Nachhaltigkeitseffekt dadurch wesentlich verbessern, da smarte Appliances hier sehr viel weniger verbreitet sind als in Industrieländern.
Zirkularität der Wertschöpfungskette
Unternehmen, die diesen Hebel nutzen, fördern das Kreislaufkonzept aktiv in ihrer gesamten Wertschöpfungskette und befinden sich auf der Zielgeraden des Nachhaltigkeitswegs. Voraussetzung für diesen Schritt ist eine maximale Unterstützung im Unternehmen, da ein aktiver Dialog mit sämtlichen Partnern entlang der Wertschöpfungskette gesucht werden muss. Dabei genügt es nicht, nur die direkten Partner im Blick zu haben; auch deren Stakeholder müssen gemanagt werden.
Fortschritte sind hier nur möglich, wenn eine stabile, konsistente Datenbasis vorhanden ist, kombiniert mit einer gründlichen Kenntnis der Rollen, Verantwortlichkeiten und Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette und – noch wichtiger – der Auswirkungen, die konkrete Nachhaltigkeitsmaßnahmen haben. Eine zirkuläre Wertschöpfungskette kann allen Gliedern dieser Kette erhebliche Vorteile bringen. Neben der positiven Nachhaltigkeitswirkung führt eine echte Kreislaufwirtschaft zu weniger Abfall und kann sogar die Abhängigkeit von knappen Ressourcen wie beispielsweise seltenen Erden verringern. Im Idealfall entsteht so eine Situation, in der die Unternehmen die Abfallprodukte ihrer jeweiligen Partner als Einsatzstoffe für ihre eigenen Prozesse verwenden können. Viele Unternehmen werden jedoch noch Jahrzehnte brauchen, um eine wirklich zirkuläre Wertschöpfungskette zu realisieren. Erreichen lässt sich dieses ambitionierte Vorhaben nur durch eine enge und intensive Zusammenarbeit über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg.
Nachhaltigkeitsbezogene Data Governance
Je fortgeschrittener Ihr Unternehmen bei der Erzeugung und Bereitstellung von Daten ist, desto schwieriger kann es sein, für Data Governance und Data Ownership zu sorgen. Dies gilt für klassische operative und Finanzdaten ebenso wie für innovative Nachhaltigkeitskennzahlen. Der aktuelle Hebel unterstreicht die Notwendigkeit einer klaren Definition von Data Governance und Data Ownership. In Ihrem Unternehmen sollte unmissverständlich klar sein, wer für das Sammeln, Bereinigen, Speichern und Analysieren von Nachhaltigkeitsdaten verantwortlich ist. Diese Verantwortlichkeit kann innerhalb der einzelnen Abteilungen delegiert werden, oder Sie können einen eigenen Bereich schaffen, der mit allen anderen Bereichen und Abteilungen verknüpft ist.
So oder so müssen die für die Data Governance zuständigen Personen genau wissen, wo, wann und wie oft Nachhaltigkeitsdaten erzeugt werden. Nur dann können sie eindeutige Richtlinien zur Erfassung und Verarbeitung der Daten entwickeln.
Der Data-Governance-Hebel spielt eine wichtige Rolle für die Qualität und Vergleichbarkeit Ihrer Nachhaltigkeitsdaten. Er untermauert außerdem die Bedeutung einer vollumfänglichen Datenbank, die sicherstellt, dass die Daten korrekt und umfassend als Entscheidungshilfe herangezogen werden.
FALLSTUDIE: PepsiCo
Der US-amerikanische Softdrink-Riese nutzt Performancedaten, um die Fortschritte seiner weltweiten Niederlassungen bei der Umsetzung seiner Nachhaltigkeitsagenda zu verfolgen. Mit der externen Veröffentlichung seiner Nachhaltigkeitsdaten informiert PepsiCo sowohl Stakeholder als auch Ranking-Organisationen, Investoren, NGOs, Kunden und Verbraucher. Intern fließen die Daten in die Nachhaltigkeitsstrategie des Konzerns ein und dienen zur Priorisierung von Investitionen. Im Rahmen der Data Governance dokumentiert PepsiCo die Prozesse und Methoden, die bei der konsistenten Datenerfassung zum Einsatz kommen. Ein eigenes, innerhalb des Sustainability Office angesiedeltes Team managt die den Nachhaltigkeitszielen zugrundeliegende Data-Governance-Struktur. Damit ist die Fehlerfreiheit, Konsistenz und Genauigkeit der Daten sichergestellt, während zugleich die Rechenschaftspflicht der einzelnen Teams betont wird.
Interner Informationsaustausch
Initiativen für eine gelungene Nachhaltigkeitstransformation stehen immer wieder vor der Herausforderung, internes Silodenken aufzubrechen. Der aktuelle Hebel zielt darauf ab, Anreize für die interne Weitergabe und Verwendung von Nachhaltigkeitsdaten zu schaffen. Dies fördert eine von allen getragene, ganzheitliche Ausrichtung und überwindet Verhaltens- und Denkweisen, die reflexartig alles ablehnen, was von außen kommt.
Verschiedene Funktionen und Bereiche erzeugen unterschiedliche Datenpunkte. Wenn diese Daten intern ausgetauscht werden, lässt sich womöglich ein größerer Effekt erzielen, und die Komplexitäten der Nachhaltigkeit lassen sich besser verstehen. Zugleich fördert dieser Hebel auch den kulturellen Wandel. Er betont einerseits die Wichtigkeit der Datennutzung und gibt andererseits Anreize zur internen Weitergabe von Best Practices, um Innovationsfähigkeit und positive Nachhaltigkeitseffekte zu stärken.
Beim Informationsaustausch zwischen internen Gruppen haben Sie verschiedene Optionen: Sie können entweder regelmäßige Besprechungen über Funktions-, Bereichs- und geografische Grenzen hinweg ansetzen (zum Beispiel von Beschaffungsabteilungen aus verschiedenen Geschäftsbereichen), regelmäßig schriftliche Mitteilungen veröffentlichen oder eine Sharing-Plattform nutzen, auf der die Beteiligten alle notwendigen Daten finden.
Erweiterte Nachhaltigkeitszertifizierung
Nach der grundlegenden Nachhaltigkeitszertifizierung aus dem Compliance-Quadranten unserer Schachbrett-Matrix können Unternehmen, die ihre Hausaufgaben gemacht haben und über eine sehr gute organisatorische Reife verfügen, eine erweiterte Nachhaltigkeitszertifizierung anstreben. Diese Zertifizierungen sind üblicherweise erheblich komplexer und schwerer zu erreichen als Standardzertifizierungen wie ISO. Beispiele hierfür sind die Zertifizierung als B Corporation oder auch branchenspezifische Nachhaltigkeitszertifikate. Bei Zertifikaten wie B Corporation oder Cradle to Cradle können die betreffenden Unternehmen ihre Punktzahl verbessern oder verschiedene Zertifizierungsstufen erreichen, wie beispielsweise Basic, Bronze, Silber, Gold und Platin.
Die erweiterte Nachhaltigkeitszertifizierung bedeutet für Ihr Unternehmen eine beträchtliche Zusatzbelastung, und der Zertifizierungsprozess sollte durch die geeigneten Ressourcen untermauert und von einem erfahrenen (und am besten funktionsübergreifenden) Team durchgeführt werden. Die Entscheidung für eine erweiterte Zertifizierung sollte somit nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wenn sie jedoch erreicht wird, hat sie eine Reihe von greifbaren Vorteilen für Ihr Unternehmen. Erstens kann sie Ihnen dabei helfen, Ihr bisheriges Vorgehen zu überprüfen und etwaige Schwachstellen in Systemen, Berichterstattung oder Daten aufzudecken. Zweitens können Sie damit Ihre operative Aufstellung und deren Nachhaltigkeitseffekt auf den Prüfstand stellen und zusätzliche Maßnahmen identifizieren, mit denen Sie die Nachhaltigkeitsperformance weiter steigern können. Drittens können Sie mit einer erweiterten Zertifizierung Ihre Marke stärken und sich von der Konkurrenz abheben, indem Sie die Attraktivität Ihres Unternehmens für Kunden steigern, die Wert auf nachhaltige Geschäftspartner legen. Der Erwerb eines oder mehrerer erweiterter Nachhaltigkeitszertifikate kann ein deutliches Marktsignal sein und Greenwashing-Vorwürfen proaktiv entgegenwirken, insbesondere wenn Sie einer der wenigen derart zertifizierten Vertreter in Ihrer Branche sind.
E2E-Nachhaltigkeitsstatus
Je höher der digitale Reifegrad eines Unternehmens ist, desto einfacher ist es, den Nachhaltigkeitsstatus End to End (E2E) zu erfassen. Der hier beschriebene Hebel birgt große Herausforderungen, da er von A bis Z korrekte und vollständige Daten benötigt, das heißt von den Rohstoffen bis zum Endverbraucher. Die genaue Kenntnis des E2E-Nachhaltigkeitsstatus dient nicht nur der richtigen Priorisierung von Initiativen, sondern verhindert auch, dass Sie sich von Trends und Ad-hoc-Möglichkeiten davon ablenken lassen, dem Weg zu einer maximalen, langfristigen Wirkung zu folgen. Wenn Sie wissen, wo Ihre größten Nachhaltigkeitsschwächen liegen, dann wissen Sie auch, wo die Ressourcen zu deren Behebung eingesetzt werden müssen.
Je weiter diese Stelle von Ihren direkten Aktivitäten entfernt ist, desto schwieriger wird das Unterfangen. Selbst wenn Ihr eigenes Unternehmen korrekte Daten verwendet, ist diese Einschätzung von Lieferanten in der vorgelagerten Lieferkette weitaus schwieriger. Dasselbe gilt für Verbraucher, die oft inkonsistent agieren und in der Wertschöpfungskette sehr viel weiter unten angesiedelt sind. Unterstützung kann hier von externen Serviceanbietern kommen, die Daten zu Upstream-Lieferanten beschaffen. Allerdings lassen sich die Daten derzeit noch nicht verifizieren. Ihre Nutzung erfolgt auf Vertrauensbasis, da sie von lokalen Behörden und staatlichen Audit-Stellen stammen und kaum überprüfbar sind.
Die E2E-Ermittlung geht über Scope-1- und Scope-2-Emissionen hinaus und berücksichtigt auch Emissionen der SBT-Kategorie 3. Dabei ist die Analyse nicht auf Umweltaspekte beschränkt, sondern berücksichtigt auch gesellschaftliche Folgen. Durch Anwendung dieses Hebels können Sie Ihre Nachhaltigkeitsstrategien verbessern und Veränderungen feststellen, die sich aus einem veränderten Kosten-Nutzen-Verhältnis von Input-Faktoren oder einem gewandelten Verbraucherverhalten ergeben.
FALLSTUDIE: Alliander
Der niederländische Energieversorger Alliander nutzt das Big-Data-Managementsystem HANA von SAP, um die Spitzeneffizienz seines Stromnetzes sicherzustellen und dadurch rentabler und umweltschonender zu arbeiten. Während die Netzoptimierung früher zehn Wochen in Anspruch nahm, lässt sich die gleiche Aufgabe nun in gerade einmal drei Tagen erledigen. Auch die Updates, die in der Vergangenheit einmal jährlich durchgeführt wurden, können nun einmal pro Monat stattfinden.
Nachhaltigkeitserfassung über den Produktlebenszyklus
Die Erfassung der Nachhaltigkeit über den Produktlebenszyklus hinweg gibt Aufschluss darüber, wie Rohstoffe erzeugt, beschafft, transportiert und in dem betreffenden Endprodukt eingesetzt werden. Sie zeigt auch auf, unter welchen Bedingungen die Produktion stattfindet und wie das Produkt zum Kunden gelangt. Darüber hinaus lässt sich mit ihr beurteilen, wie der Endverbraucher das Produkt nutzt und entsorgt und wie es am Ende der Nutzlebensdauer wieder eingesammelt, zerlegt und wiederverwertet wird.
Der Schritt weg von der bloßen Transparenz entlang der Wertschöpfungskette bedeutet, dass Ihr Unternehmen diese Faktoren nicht nur für einen einzigen Zeitpunkt, sondern über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg berücksichtigen muss. Dabei muss zum Beispiel auch einfließen, wie sich die Auswirkung auf den Produktionsprozess verändert, wenn ein Produkt langsam obsolet wird und Mengen beziehungsweise Skaleneffekte nachlassen. Untersucht werden sollte auch, wie sich die Erfahrung mit diesem Produkt in den Entwicklungsprozess der kommenden Produktgeneration einspeisen lässt, um dadurch eine bessere Nachhaltigkeitsbilanz zu erhalten.
Die Nutzung all dieser Daten ermöglicht ganzheitliche Entscheidungen darüber, wie Produkte beziehungsweise Dienstleistungen konzipiert werden können und wie sich der Nachhaltigkeitseffekt insgesamt optimieren lässt. Unsere Beobachtung zeigt, dass Punktlösungen in verschiedenen Phasen des Produktlebenszyklus negative Auswirkungen haben können, die vermieden werden sollten. Dazu kann es auch gehören, ein Produkt früher als geplant aus dem Sortiment zu nehmen, weil sich seine Nachhaltigkeitsbilanz negativ entwickelt – selbst wenn es noch einen positiven Deckungsbeitrag erwirtschaftet. Die Analyse der Daten muss dynamisch erfolgen. Sobald neue Informationen verfügbar werden, müssen Schlussfolgerungen und Reaktionen an die veränderte Situation angepasst werden. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn eine Langzeitstudie zeigt, dass eine als sicher eingeschätzte Substanz wider Erwarten gesundheitsgefährdend ist.
Sozialer ROI
Eine der großen Herausforderungen bei der Nachhaltigkeit besteht darin, ihre Auswirkungen zu messen und deren Bedeutung für die Gesamtstrategie des Unternehmens zu ermitteln. Wie bereits dargelegt, müssen Nachhaltigkeitsaspekte bei Entscheidungsprozessen berücksichtigt werden, sei es durch klare Trade-off Guidelines und/oder durch eine Methodik für einen nachhaltigen Business Case. Der aktuelle Hebel geht darüber noch hinaus und strebt eine quantifizierbare, objektive KPI an, mit der sich der Impact von sozialen Initiativen abschätzen lässt. Mit seiner Hilfe kann die C-Suite sehr viel besser beurteilen, ob ihre Initiativen vorankommen und Ressourcen effizient zugewiesen werden. Er kann außerdem dabei helfen, Initiativen zu vergleichen und diejenigen mit einem höheren sozialen ROI (SROI) zu priorisieren, um sicherzustellen, dass Ressourcen bestmöglich eingesetzt werden.
Die Neuheit (und Herausforderung) des SROI besteht darin, dass er soziale Auswirkungen misst – sicher die am schwierigsten zu quantifizierende Dimension der Nachhaltigkeit. Während ökologisch orientierte Ansätze oft Emissionswerte als Maßstab heranziehen, lässt sich die soziale Dimension aufgrund von weitreichenden Implikationen, unklaren Auswirkungen und langfristigen Effekten sehr viel schlechter erfassen. Mit dem sozialen ROI sollen diese Initiativen fassbarer gemacht werden, indem der angepasste inkrementelle Nutzen pro betroffene Person durch die Gesamteffizienz der Maßnahme dividiert wird (investierte Ressourcen dividiert durch betroffene Personen). Um einen höheren sozialen ROI zu erzielen, müssen Sie daher – bei ansonsten gleichen Bedingungen – entweder den durchschnittlichen Effekt pro Person erhöhen, die Anzahl der betroffenen Personen erhöhen oder die Investition verringern. Selbstverständlich stellt die exakte Methodik zur Quantifizierung dieser Teildimensionen eine eigene Herausforderung dar. Ihre ausführliche Behandlung würde den Rahmen dieser Publikation sprengen.
FALLSTUDIE: NGO
Wir wurden von einer der größten Spenderstiftungen Mexikos kontaktiert. Die Stiftung vergibt Zuwendungen an gemeinnützige Organisationen, die sich mit ihren Projekten in den Bereichen Gesundheit, Drogenbekämpfung und Wasserversorgung engagieren. Der Klient hatte von unserem Social Impact Model gehört und bat uns, das Modell auf seine Organisation anzuwenden, um die Ressourcenzuweisung effizienter zu gestalten und Projekte mit maximaler sozialer Wirkung auszuwählen.
Unsere Arbeit für den Klienten umfasste vier Phasen: Erstens analysierten wir das Portfolio der Stiftung und wählten eine 20 Projekte umfassende Stichprobe aus, um sie zu evaluieren. Zweitens sammelten wir Informationen über diese 20 Projekte, indem wir Dokumentationen sowie Interviews und Berichte auswerteten. Drittens ermittelten wir die soziale Investitionsrentabilität (den SROI) eines jeden Projekts, indem wir den finanziellen Effekt durch die Kosten für dessen Realisierung dividierten. Schließlich schlugen wir anhand dieser Analyse mögliche künftige Strategien für die Projektauswahl vor, die auf einen maximalen Effekt ausgerichtet waren. Parallel dazu fand während des gesamten Zeitraums ein intensiver Wissensaustausch statt, ergänzt durch Schulungen, in denen das Stiftungspersonal mit der Handhabung des Modells vertraut gemacht wurde. Dank unserer Unterstützung erhielt der Klient völlig neue Einblicke in sein bisheriges Projektportfolio, die als Grundlage für eine umfassende Debatte über das weitere Vorgehen dienten.
Nachhaltigkeitsvermittler
Unternehmen, die den Nachhaltigkeitsdiskurs aktiv mitgestalten wollen, beschränken diesen Diskurs nicht auf die eigenen Reihen oder ihre engsten Partner. Sie gehen über die partnerschaftliche Kooperation und den Stakeholder-Dialog hinaus und werden zu Nachhaltigkeitsvermittlern für die breitere Öffentlichkeit. Hierzu kann das engagierte Eintreten in Interessengruppen oder gegenüber Regulierungsbehörden, aber auch gegenüber Kunden und Endverbrauchern gehören, indem diese beispielsweise darüber aufgeklärt werden, wie sie ein Produkt ordnungsgemäß entsorgen, wiederverwerten oder wiederverwenden oder wie sie den Stromverbrauch bei der Produktverwendung verringern können. Neben der positiven Auswirkung auf die Markenwahrnehmung durch den bloßen Öffentlichkeitseffekt können Nachhaltigkeitsvermittler ihre Stimme auch erheben, um eklatante Missstände in ihrer Branche oder in der Gesetzgebung anzuprangern. Auch bei der Entwicklung ihrer Branche in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft kommt ihnen eine wichtige Rolle zu.
In diesem Zusammenhang ist unbedingt zu beachten, dass die Rolle als Nachhaltigkeitsvermittler ganz am Ende des Nachhaltigkeitswegs steht. Zuerst müssen alle anderen Schritte vollzogen werden. Erst wenn Sie sichergestellt haben, dass alle oder die meisten Hebel unserer Schachbrett-Matrix implementiert wurden und alles nach Plan verläuft, sollten Sie sich als Sprachrohr der Nachhaltigkeitssache betätigen. Wenn Sie dies zu früh tun, laufen Sie Gefahr, des Greenwashings bezichtigt zu werden und sowohl Ihrem Anliegen als auch Ihrer Marke langfristigen Schaden zuzufügen.
FALLSTUDIE: NGO
Im Rahmen unserer Pro-bono-Beratung waren wir für eine französische NGO tätig, die nicht abverkaufte Nonfood-Waren von Herstellern abholt und an gemeinnützige Einrichtungen vor Ort verteilt. In Frankreich war kurz zuvor ein Gesetz verabschiedet worden, das die Vernichtung solcher Produkte verbietet. Für die NGO war dies ein echter Game Changer, da nun viel mehr Waren für eine Weitergabe verfügbar waren. Als Reaktion auf die veränderte Gesetzeslage wollte sich die NGO neu aufstellen und eine Strategie für die Ansprache und Aufklärung potenzieller Spender entwickeln.
Zu diesem Zweck führten wir eine groß angelegte Befragung unter mehr als 100 gemeinnützigen Partnereinrichtungen der NGO durch, ergänzt durch über 40 qualitative Interviews von Industrieakteuren, um sachdienliche Erkenntnisse und Empfehlungen zu erhalten. Mit unserer Hilfe konnte die NGO ihre Lobbyarbeit zielgenau ausrichten, um so die Idee von Sachspenden als Alternative zur Wegwerfmentalität noch überzeugender darzulegen. Auch der Effekt der neuen Gesetzgebung auf die Arbeit der NGO ließ sich präzise ermitteln. Als besonders wichtig erwies sich dabei die Aufklärung der potenziellen Spender über den Nutzen einer alternativen Verwertung sowie die gezielte Überzeugungsarbeit bei Unternehmen, die dem Gedanken kritisch gegenüberstehen, um sich als Anlaufpunkt für unverkaufte Waren anzubieten. Dank dieses Projekts kann die NGO ihre soziale Wirkung nun sehr viel besser einschätzen und gegenüber potenziellen Spendern exakt beziffern. Somit kann sie ihr Anliegen, sich für benachteiligte Gemeinschaften einzusetzen, überzeugend vertreten und weitere Unterstützer gewinnen. Aktuell ist die NGO im Gespräch mit anderen gemeinnützigen Einrichtungen, um ihre Rolle als Nachhaltigkeitsvermittler weiter auszubauen.
Ganzheitliche Nachhaltigkeitskultur
In einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitskultur ist der Nachhaltigkeitsgedanke in die DNA des Unternehmens eingeschrieben und vom Tagesgeschäft bis zur strategischen Entscheidung in jeden Aspekt eingebettet. Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitskultur ist durch klare Zuständigkeiten und Rechenschaftspflichten auf jeder Ebene des Unternehmens gekennzeichnet. Gefördert wird sie durch fortlaufende Nachhaltigkeitsschulungen, die proaktive Nutzung neuer Nachhaltigkeitschancen und die eindeutige Bindung von Anreizen an die Realisierung von Nachhaltigkeitszielen.
Eine weitere Voraussetzung für den Erfolg ist der bedingungslose Einsatz von C-Suite und funktionalen Führungskräften sowie das Vorhandensein zuverlässiger, ganzheitlicher Datensysteme, die Input für faktenbasierte Analysen und Entscheidungen liefern. Genauso wichtig ist es aber auch, den Nachhaltigkeitsweg Schritt für Schritt zu gehen. Erfolgreiche Unternehmen verankern ein abwägungsorientiertes Denken in ihren Teams, sodass deren Mitglieder im Alltag Win-win-Situationen für die Nachhaltigkeit erkennen können. Eine starke interne Unterstützung fördert den kulturellen Wandel bei externen Partnern. Dabei übernimmt jeder Beschäftigte die Aufgabe eines Botschafters, der den Gedanken der Nachhaltigkeit im Dialog mit diesen Partnern vertritt. Schließlich führt auch die Kombination aus überzeugendem Engagement und der Benennung von Nachhaltigkeit als strategischem Ziel dazu, dass die Innovationskraft weit über die Nachhaltigkeit hinaus gestärkt wird.
Nachhaltigkeits-Toolbox
Ein hohes Maß an organisatorischer Reife lässt sich nur erreichen, wenn Sie die richtigen Werkzeuge zur Hand haben. Welche das jeweils sind, ist abhängig von der Branche, der geografischen Reichweite und der Unternehmensgröße. Alle Werkzeuge erfüllen jedoch wichtige Aufgaben wie die automatisierte Datenerfassung oder die Beurteilung der ESG-Reife von Lieferanten. Beispiele für relevante Tools sind EcoVadis, sustain oder auch worldfavour. Es gibt zahlreiche Tools und Serviceanbieter, die auf die (datenbezogenen) Nachhaltigkeitserfordernisse von Unternehmen spezialisiert sind und mit denen Sie Ihr Verständnis der Thematik erweitern und vertiefen können. Andere Anbieter wie Interos, Resilinc oder Sustainabill ermöglichen Ihnen Einblicke in Ihre Tier-2-Lieferanten und unterstützen Sie bei der Risikobewertung. Ergänzt wird dies durch eine große Auswahl an leistungsstarken Analyselösungen, die ausgefeilte Szenariomodellierungen gestatten, sodass Sie beispielsweise den Effekt Ihrer Treibhausgas-Emissionen oder die möglichen Folgen des Klimawandels für Ihr Kerngeschäft modellieren können. Manche dieser Lösungen, zum Beispiel von Coupa oder SAP Ariba, können als Enabler für digitale Prozesse dienen, indem sie Daten aus verschiedenen Quellen zusammenführen und Ihnen so den Aufbau eines digitalen Ökosystems erleichtern.
Ihre Nachhaltigkeits-Toolbox sollte jedoch nicht nur aus Software und Serviceanbietern bestehen, sondern alle Werkzeuge enthalten, mit denen Sie Nachhaltigkeit in Ihrem Unternehmen verankern, ihren Effekt messen und entsprechende Initiativen koordinieren können. Methoden oder Schemata, mit denen Ihr Unternehmen den nächsten Schritt auf seinem Nachhaltigkeitsweg gehen kann, sollten ebenfalls als Werkzeuge betrachtet werden. Auch das vorliegende Handbuch ist somit ein Werkzeug aus der Nachhaltigkeits-Toolbox.
Routinemäßige Nachhaltigkeitsprüfungen
Die Überprüfung beschlossener Maßnahmen ist die perfekte Gelegenheit, um Ziele, Instrumente und gemeinsame Interessen wieder einmal ins Blickfeld zu rücken. Die regelmäßig durchgeführten Prüfungen sollten ein fester Bestandteil des unternehmerischen Terminkalenders sein und den Nachhaltigkeitseffekt auf Bereichs-, Werks- oder Abteilungsbasis dokumentieren.
Es empfiehlt sich, die Prüfungen anhand eines standardisierten Audit-Verfahrens durch eine spezielle Abteilung durchführen zu lassen (Selbstbeurteilungen sollten vermieden werden). Standardisierung und Zentralisierung sorgen für Transparenz zwischen einzelnen Bereichen und Audits, indem sie aufzeigen, wie sich die Performance im Betrachtungszeitraum verändert hat. Je nach Zielauswahl können Sie sich entweder auf ökologische Aspekte (zum Beispiel die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen), soziale Aspekte (zum Beispiel die Personalfluktuation) oder Investment-Aspekte (zum Beispiel bessere Nachhaltigkeitsbewertungen) konzentrieren.
Dieser Hebel wird noch effektiver, wenn er auf Geschäftspartner wie beispielsweise vor Ort tätige Dienstleister, Lieferanten von Direktmaterialien oder Logistikpartner ausgedehnt wird, jenseits der obligatorischen Prüfung zur Erfassung der Scope-3-Emissionen. Im Gegensatz zum grundsätzlicheren Management-Audit erfolgt hier die Prüfung nicht durch einen externen Dritten, sondern durch Sie selbst. Dabei sorgt ein vorab festgelegter Review-Kalender mit Fortschrittserfassung und definierten Folgemaßnahmen für mehr Compliance und intensivere Nachhaltigkeitsbemühungen Ihrer Partner. Eine fortgeschrittene organisatorische Reife erleichtert die Definition eines übersichtlichen Review-Prozesses und nutzt hierfür Tools wie Vizbl oder aklimate für das Supplier Engagement sowie sphere oder optera für die Dokumentation der Treibhausgas-Emissionen.
FALLSTUDIE: Mondelēz International
Der US-amerikanische Süßwaren- und Lebensmittelhersteller arbeitet seit 2012 daran, gemeinsam mit internen und externen Spezialisten die Auswirkungen seiner Geschäftstätigkeit auf wesentliche gesellschaftliche Themen zu untersuchen. Ziel der Kooperation ist es, strategische Antworten auf relevante Fragestellungen zu finden, wobei das zuständige Team aus Mitgliedern des internen Global Growth Council und des Well-being Steering Committee sowie aus Vertretern regionaler Unternehmensbereiche und globaler Funktionen besteht. Die Untersuchung erfolgt im Zuge des unternehmerischen Risikomanagements und soll Risiken identifizieren, abschätzen, überwachen und managen. Zu den externen Teilnehmern gehören Experten des World Wildlife Fund, von Quantis und verschiedenen Investorengruppen. Über seinen fortlaufenden Stakeholder-Dialog holt das Unternehmen zusätzliche Sichtweisen und Meinungen ein.
Lieferantenaktivierung
Bei der Beurteilung von Nachhaltigkeitsperformance und -verbesserungen müssen auch die Bedingungen in der vorgelagerten Wertschöpfungskette betrachtet werden. Jedes Unternehmen ist immer Teil eines größeren Ganzen; dies gilt auch für das Streben nach mehr Nachhaltigkeit. Sobald Sie ein stabiles Fundament gelegt und Ihre Maßnahmen, Ziele und Ambitionen klar definiert haben, ist es Zeit, sich den strategischen Lieferanten zuzuwenden und gemeinsam mit ihnen darüber nachzudenken, wie Sie den Nachhaltigkeitsweg zusammen gehen können.
Transparente Einblicke in die Nachhaltigkeitsperformance Ihrer Tier-1-Lieferanten sind besonders wichtig, da sie der Ausgangspunkt für die Erfassung relevanter Daten und das Verständnis der Nachhaltigkeitsstrategie und -wirkung Ihrer Lieferanten sein können. Den Rahmen für diese Transparenz steckt Ihr Verhaltenskodex ab, mit dem Sie Mindestanforderungen vorgeben. Um deutlicher zu sehen, wer hinterherhinkt und wer über diese Mindestanforderungen sogar hinausgeht, benötigen Sie ein umfassendes und detailgenaues Bild vom Engagement und den Aktionen Ihrer Lieferanten. Obwohl traditionell die Beschaffungsfunktion mit dieser Aufgabe betraut wird, sind ihre Vertreter in Nachhaltigkeitsfragen meist nicht beschlagen und wenden nur allzu oft isolierte Ansätze an, bei denen die Gefahr von Greenwashing-Vorwürfen besteht. Um ihrer Aufgabe gerecht zu werden, brauchen sie Unterstützung durch eine spezielle Nachhaltigkeitsfunktion.
Die Datenerfassung für alle Lieferanten ist eine echte Herausforderung, da deren Anzahl häufig recht groß ist und viele (kleinere) Lieferanten nicht die nötige digitale Reife haben, um relevante Daten an Sie weiterzuleiten. Ein regelmäßiger Informationsaustausch verbessert die Abstimmung und senkt das Risiko, da Sie mehr Kontrolle über mögliche Problemstellen haben. Wir empfehlen, zunächst nach dem Pareto-Prinzip vorzugehen und sich auf diejenigen Lieferanten zu konzentrieren, die die größten Nachhaltigkeitseffekte auf Ihr operatives Geschäft haben.
FALLSTUDIE: Globales F&B-Unternehmen & beverage company
Einer unserer Klienten aus dem F&B-Sektor hatte signifikante Anstrengungen für mehr Lieferkettentransparenz unternommen, da er in der Öffentlichkeit für den mangelnden Umweltschutz seiner Lieferanten heftig kritisiert (und mit Boykottaufrufen belegt) wurde. Da erste Versuche, mit den Lieferanten zusammenzuarbeiten und die Transparenz zu erhöhen, erfolglos geblieben waren, wandte sich der Klient an uns, um ihn bei der Lieferantenaktivierung zu unterstützen.
Der Klient benötigte einen systematischen Ansatz für die Nachhaltigkeitskollaboration sowie für nachhaltige Beschaffungspraktiken, um seine Performance und die Wahrnehmung bei externen Stakeholdern zu verbessern. Wir nahmen zunächst eine gründliche Analyse der Managementansichten zur Beschaffungsnachhaltigkeit vor (Zielsetzungen, Probleme und Ursachen, Chancen, Best Practices) und zeigten dann die Vorteile einer nachhaltigen Beschaffung für Risikominderung und Wettbewerbssituation auf.
Parallel dazu überprüften wir die aktuelle Risikoexposition für alle Ausgabenkategorien sowie die Wahrnehmung des Klienten bei Kunden, Verbrauchern und NGOs. Nachdem wir die Situation und die Problemfelder des Klienten ermittelt hatten, entwickelten wir eine Vorgehensweise für die Einbettung von Nachhaltigkeitsaspekten in die Unternehmensstrategie und die Beschaffungsprozesse, um so eine zielgenaue Lieferantenaktivierung zu ermöglichen. Als Schlüsselelement erwies sich dabei eine strukturiertere und klarere Kommunikation mit strategischen Lieferanten hinsichtlich Anreizen und Zielen sowie die Unterfütterung der Nachhaltigkeitsambition mit den geeigneten Tools und Systemen. Auf diese Weise konnten Nachhaltigkeitsaspekte in das Beschaffungswesen integriert und Risiken gemanagt werden; zugleich konnte die Zusammenarbeit mit den Lieferanten intensiviert und die Nachhaltigkeitsperformance insgesamt auf lange Sicht verbessert werden.
Bereitschaft zur Kollaboration
Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitstransformation ist mit Silodenken grundsätzlich nicht vereinbar. Obwohl der Informationsaustausch auf diesem Weg zweifellos wichtig ist, geht dieser Hebel weit darüber hinaus, indem er die Bereitschaft zur Kollaboration fördert, die Nachhaltigkeitsprobleme funktions- und bereichsübergreifend meistert. Eine Kultur der Kollaboration ist die Grundvoraussetzung dafür, dass solche Probleme in einer gemeinschaftlichen Kraftanstrengung gelöst werden können. Sie ermöglicht allen Bereichen die Fokussierung auf das große Ganze, das heißt auf das Wohl des gesamten Unternehmens und nicht auf den – möglicherweise kontraproduktiven – Vorteil einer einzelnen Funktion.
Die beteiligten Teams müssen dem Informationsaustausch positiv gegenüberstehen und sollten vom Management in dieser Haltung bestärkt werden. Zwar kann die Weitergabe von Wissen auch informell erfolgen; eine eigens geschaffene Kollaborationsstruktur ist jedoch Ausdruck der wechselseitigen Bereitschaft und ein wirksamer kultureller Hebel, um Veränderungen zu beschleunigen. Bei einer Kultur der Offenheit muss allerdings sichergestellt sein, dass geschäftskritische Informationen nicht in die Hände von externen Stakeholdern gelangen, die diese womöglich gegen das Unternehmen verwenden könnten. Sie benötigt zudem ein hohes Maß an Systembereitschaft, um zu gewährleisten, dass gemeinsam genutzte Daten verfügbar und zuverlässig sind. Nur so entsteht Vertrauen in Informationsquellen und den Prozess der Wissensweitergabe.
FALLSTUDIE: AkzoNobel
Der niederländische Hersteller von Farben, Lacken und Spezialchemie ist sich bewusst, dass er bei der Umsetzung seiner Nachhaltigkeitsagenda auf Partner angewiesen ist. Er versteht diese Zusammenarbeit als wichtige Strategie zur Verbesserung seines Nachhaltigkeitsstatus und setzt auf einen proaktiven Dialog mit Stakeholdern, um Veränderungen voranzutreiben und Chancen für die Generierung eines gemeinsamen Mehrwerts zu identifizieren. AkzoNobel arbeitet aktiv mit zahlreichen Organisationen zusammen, darunter der United Nations Global Compact, Together for Sustainability, RE100, die Dutch Sustainable Growth Coalition und die Global Alliance to Eliminate Lead Paint. Die erzielten Nachhaltigkeitsfortschritte veröffentlicht das Unternehmen in einem jährlichen Bericht.
Funktionsübergreifende Integration
Die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien steht und fällt mit der funktionsübergreifenden Zusammenarbeit zwischen Abteilungen. Dabei kommt es auf klar definierte Zuständigkeiten für Nachhaltigkeitsziele ebenso an wie auf den Austausch von KPIs, Kennzahlen und Zielen. Aus der Praxis kennen wir Fälle, in denen Daten zwar verfügbar und zuverlässig waren, ihre Anwendbarkeit durch unterschiedliche Berichterstattungsstrukturen und Sichtweisen aber behindert wurde, die eine gemeinsame Interpretation sehr schwer machten. Die Einbeziehung einer größeren Zahl von Personen und Funktionen ist somit ein besonders inklusiver Ansatz auf dem Weg zur Nachhaltigkeit, da verschiedene Funktionen die jeweiligen Ziele und KPIs ihrer Peers kennen, verstehen und sich im besten Fall auch damit identifizieren.
Kollaboration erleichtert die Ausrichtung der Nachhaltigkeit auf Abteilungsebene an den übergeordneten Unternehmensstrategien, vermeidet somit potenzielle Konflikte und offenbart zugleich Lücken. Ein funktionsübergreifender Austausch unterstützt zudem die Weitergabe von Best Practices und Erfolgsgeschichten; damit stärkt er die Nachhaltigkeitskultur des Unternehmens und sorgt für einen langfristig positiven Effekt.
Besprechungen sollten regelmäßig stattfinden, verschiedene Prozesseigner einbeziehen und ein fester Bestandteil des jährlichen Unternehmenskalenders sein. Noch besser ist es, wenn Sie Raum für spontanen Austausch schaffen, um Ideen und Vorschläge ad hoc aufzugreifen.
FALLSTUDIE: Europäisches F&B-Unternehmen
Einer unserer Klienten, ein europäisches F&B-Unternehmen, kämpfte mit hohen Kosten und einem hohen Abfallaufkommen im Verpackungswesen. Besonders problematisch war die mangelnde Kommunikation zwischen Beschaffung, Marketing, operativem Geschäft und Verpackungsingenieuren. So informierten die Marketingfachleute ihre Verpackungskollegen nicht rechtzeitig über ein geändertes Design, woraufhin Lagerbestände vernichtet werden mussten, weil sich zum Beispiel die gesetzlichen Vorgaben für die Beschriftung geändert hatten. Der Klient bestellte daher nur noch Mindestmengen, was wiederum die Kosten in die Höhe trieb, den Transport ineffizient und die Chargen zu klein machte.
Mithilfe mehrerer Kollaborationsworkshops konnten wir dem Klienten dabei helfen, die Kommunikationsprozesse zwischen seinen Abteilungen zu verbessern. Strukturierte Projekthandbücher, eine Projektverfolgung und standardisierte Kommunikationskanäle erwiesen sich dabei als hilfreiche Maßnahmen. All dies führte zur erfolgreichen Umsetzung mehrerer Nachhaltigkeitsinitiativen, die zwar lange geplant, aufgrund der mangelnden Unterstützung aber nie realisiert worden waren. Nach der Abstimmung der Initiativen mit den Unternehmensfunktionen wurden die einzelnen Werksleiter gemeinsam mit ihrer Implementierung beauftragt.
Dank der besseren Kommunikation zwischen Beschaffung und Engineering konnte der Klient den Verbrauch von Verpackungsmaterial weiter reduzieren und auch die Druckkosten senken. Indem wir das ERP-System des Klienten so anpassten, dass der Informationsfluss vom Marketing in die übrigen Abteilungen reibungsloser funktionierte, konnten wir zudem die Beschaffungsabläufe verbessern. Dies führte zu optimalen Bestellmengen und minimierte den Verpackungsausschuss. Unsere Initiative für eine bessere funktionsübergreifende Zusammenarbeit resultierte zudem in deutlich weniger Silodenken und einer höheren Arbeitsmoral.
Wissensaustausch mit Partnern
Nachdem Sie Partnerschaften für die wechselseitige Unterstützung bei Nachhaltigkeitsaktivitäten geschlossen haben, besteht der nächste Schritt darin, die Zusammenarbeit zu vertiefen und untereinander Wissen auszutauschen. Mit zunehmender Reife können Sie Ihre Partnerschaften auf Datenaustausch, Wissens- und Technologietransfer, Expertensupport und sogar auf die gemeinsame Finanzierung von Nachhaltigkeitsaktivitäten ausdehnen. Der Wissensaustausch mit einem starken Partner kann Ihnen dabei helfen, Ihre eigenen Anstrengungen auf das nächste Niveau zu heben. Zum einen erhalten Sie Zugang zu neuen Perspektiven, Daten und Fähigkeiten, die Ihnen ein besseres Verständnis der anstehenden Themen erlauben. Zum anderen können Partnerschaften ein leistungsstarkes Mittel sein, um laufende Initiativen auszudehnen, zu replizieren und dadurch ihren Effekt beträchtlich zu steigern. Realisieren lässt sich der Wissensaustausch über einen engagierten Einsatz bei nationalen oder internationalen Regulierungsbehörden. Dieser Einsatz kann dazu beitragen, den Nachhaltigkeitsgedanken innerhalb einer Branche oder Wertschöpfungskette zu stärken, da Bewusstsein, Wissen und gegenseitiges Vertrauen gefördert werden.
Trotz aller Vorteile bringt der Wissensaustausch mit Partnern auch Risiken mit sich. Wenn Sie Informationen weitergeben, laufen Sie Gefahr, dass Daten und Wissen in die falschen Hände gelangen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn einer Ihrer Partner eine vergleichbare Beziehung mit einem Ihrer wichtigsten Wettbewerber eingeht. Sie sollten daher äußerst sorgfältig prüfen, mit welchem Partner Sie welche Informationen austauschen.
Zirkuläre Geschäftsprozesse
Zirkuläre Geschäftsprozesse können einen Beitrag zur Wertschöpfung leisten, indem sie Kosten senken und die operative Resilienz erhöhen. Während herkömmliche, lineare Wertschöpfungsketten meist in jeder Phase Abfälle erzeugen, wollen zirkuläre Prozesse Abfälle vermeiden und setzen dabei auf die drei R (reduce, reuse, recycle). Dies reicht von wiederverwendbaren Verpackungen im Einzelhandel über die Aufbereitung von Batteriekomponenten und die Rückgewinnung von Edelmetallen bis hin zur Verwendung von biologisch abbaubaren Materialien. Die Einführung zirkulärer Geschäftsprozesse ist eine schwierige Aufgabe, da sie für die meisten Betriebsleiter ein komplettes Umdenken bedeutet. Gefragt ist daher nicht nur ein unbeirrtes Festhalten am anvisierten Ziel, gefragt sind auch ausgereifte Systeme, die Entscheidungsprozesse leiten und die Auswirkung auf die Triple Bottom Line erfassen.
Trotz der auf den ersten Blick hohen Hürden werden zirkuläre Geschäftsprozesse wichtiger werden, wenn es darum geht, Zugriff auf knappere Ressourcen zu erhalten und zusätzliche Umsätze zu erwirtschaften.
Wir gehen davon aus, dass zwischen bestehenden Wertschöpfungsketten neue Partnerschaften geknüpft werden, da der Abfall aus einem Produktionsprozess in einem anderen Prozess und einer anderen Branche als Eingangsstoff verwendet werden kann. So lassen sich die Schalen aus der Kaffeeherstellung zum Beispiel als Tierfutter verwenden, während Metallspäne aus Fräsprozessen genau die richtige Zusammensetzung für bestimmte Legierungen haben können.
FALLSTUDIE: Verpackungsindustrie
Aufgrund der hohen Umweltrelevanz von Verpackungen orientiert sich die Branche immer mehr in Richtung Kreislaufwirtschaft. Aktuell sind nur 14 Prozent aller Kunststoffverpackungen recyclingfähig, und nur 2 Prozent sind Teil eines geschlossenen Kreislaufs, in dem nichts verloren geht und kein Downcycling stattfindet. Biobasierte und biologisch abbaubare Verpackungen würden den negativen Fußabdruck der Branche deutlich reduzieren, konnten Kunststoffmaterialien bisher jedoch nicht vollständig ersetzen. Parallel zu regulatorischen Bemühungen zur Reduzierung des Plastikmülls, wie beispielsweise dem Verbot von Einwegverpackungen aus Kunststoffen in mehreren Ländern, beginnen nun auch die Hersteller selbst damit, in großem Maßstab in zirkuläre Lösungen zu investieren. Amcor will bis 2050 seine gesamten Verpackungsprodukte wiederverwertbar oder wiederverwendbar machen und hat weitere 50 Millionen US-Dollar in seine Nachhaltigkeitsagenda gesteckt. Mondi hat eine vollständig wiederverwertbare PE-Verpackung entwickelt und sich verpflichtet, bis 2030 eine effiziente Nutzung natürlicher Ressourcen für Verpackungsprodukte zu erreichen. Konkret sollen 7,5 Prozent weniger Verpackungsmüll auf Deponien gelangen, und der Wasserverbrauch im Zellstoff- und Papiergeschäft soll um 5 Prozent gesenkt werden. Tetra Pak stellt nur noch wiederverwertbare Getränkekartons her und kooperiert mit Industriepartnern, um bis 2030 Recyclinglösungen für alle Bestandteile von Getränkekartons in Europa zu erreichen. Alle genannten Unternehmen beteiligen sich an der New Plastic Economy Global Commitment Initiative sowie an anderen Initiativen, die sich der Kreislaufwirtschaft und dem sparsamen Umgang mit Ressourcen verschrieben haben.
Zirkuläres Geschäftsmodell
Während zirkuläre Geschäftsprozesse auf interne Abläufe wie Fertigung abzielen, besteht ein weiterer Hebel darin, das Geschäftsmodell als Ganzes stärker an der Kreislaufwirtschaft auszurichten. Hierfür müssen Sie Ihre eigenen Prozesse aus dem Effeff kennen, aber auch mit ganzer Kraft hinter dem Nachhaltigkeitsgedanken stehen, da dies maßgeblich mitbestimmt, wie die Kunden Ihr Produkt wahrnehmen und verwenden. Ihr Einsatz für zirkuläre Geschäftsmodelle kann zum Beispiel darin bestehen, dass Sie eine Reparaturpflicht durch die Hersteller fördern oder Rücknahme- beziehungsweise Secondhand-Initiativen unterstützen. Eine Reihe von Unternehmen in der F&B- und Kosmetikindustrie setzen auf das Konzept der Nachfüllung, was zu deutlich weniger Einwegverpackungen führt und das betreffende Produkt zirkulär macht.
Bevor Sie mit zirkulären Geschäftsmodellen experimentieren, sollten Sie sehr genau wissen, was Sie wie erreichen wollen. Zirkuläre Geschäftsmodelle haben erhebliche Auswirkungen auf Ihre Einnahmesituation, da die Entscheidung zugunsten wiederverwendbarer Produkte oder Secondhand-Optionen Ihre Umsatzzahlen negativ beeinflussen könnte. Andererseits könnten Ihnen Reparatur- und Instandhaltungsservices dabei helfen, Ihr Geschäftsmodell zu erweitern, zusätzliche wiederkehrende Einnahmeströme zu erzeugen und zugleich die Kundenzufriedenheit und Produktqualität insgesamt zu verbessern.
FALLSTUDIE: Führender globaler Konsumgüterkonzern
Einer unserer Klienten, ein führender globaler Konsumgüterkonzern, erkundete neue Geschäftsmodelle, um in einem veränderten Marktumfeld wettbewerbsfähig zu bleiben und sich mehr als bisher in Richtung Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu entwickeln. Gemeinsam mit dem Klienten identifizierten wir ein stärker am Kreislaufgedanken ausgerichtetes Geschäftsmodell als Schlüssel für künftigen Erfolg. Das Modell zielte darauf ab, den Endverbrauchern nicht nur Haushaltsgeräte zu verkaufen, sondern gegen eine monatliche Subskriptionsgebühr zusätzliche Dienstleistungen anzubieten. Dahinter stand die Idee einer Weiterentwicklung des traditionellen Verkaufsmodells für Haushaltsgeräte von der bisherigen Einmaltransaktion zu einem langfristigen Service, mit wiederkehrenden Umsätzen und geringeren Abfallmengen durch höhere Reparaturquoten.
Nach der Entwicklung der Geschäftsstrategie unterstützten wir den Klienten bei der Etablierung der notwendigen Prozesse und Fähigkeiten für den Umstieg auf das servicebasierte Modell und validierten das neue Geschäftsmodell anhand von Bestandskunden. Die Auswertung erbrachte ein messbar höheres Umsatz- und Gewinnpotenzial mit zusätzlichen Cross-Selling-Chancen. Auch die Verbraucher sind mehr als zufrieden, da sie defekte Geräte nicht mehr wegwerfen müssen, sondern reparieren lassen können.
Bewusstsein für Nachhaltigkeitsrisiken
Dieser Hebel zielt darauf ab, innerhalb des Unternehmens das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsrisiken zu stärken, wie sie in der Wesentlichkeitsanalyse identifiziert wurden. Er setzt voraus, dass alle wichtigen Entscheidungsträger Nachhaltigkeitsprüfungen und -kriterien in ihren Entscheidungsprozess aufnehmen, um sicherzustellen, dass alle relevanten Stakeholder problematische Sachverhalte auf dem Monitor haben.
Ein allgemeines Bewusstsein für Nachhaltigkeitsrisiken sollte insbesondere im operativen Bereich gepflegt werden. Wie wichtig dies ist, zeigt das Beispiel einer routinemäßigen Kamerabefahrung, bei der ein kleiner Riss in einer Rohrleitung festgestellt wird, aus dem sich eine Leckage entwickeln könnte. Bei einem entsprechenden Bewusstsein lassen sich Risiken nach dem Bottom-up-Prinzip identifizieren und dem Risikomanagement melden. Dieses kann den Vorfall dann aufnehmen und bei der Entwicklung einer ausgefeilteren Rahmenstruktur für das Management von Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigen (fortgeschrittener Hebel). Der aktuelle Hebel verknüpft somit die organisatorische Reife, die aus der Kenntnis problematischer Sachverhalte besteht, mit einer Kultur, die Nachhaltigkeitsrisiken berücksichtigt.
Das Bewusstsein für Nachhaltigkeitsrisiken sollte nicht nur auf kurzfristige, disruptive Ereignisse gerichtet sein, die Ihre finanzielle oder Nachhaltigkeitsperformance unmittelbar gefährden könnten. Es sollte auch dazu beitragen, ein generelles Verständnis dafür zu schaffen, inwiefern Nachhaltigkeitsprobleme Ihr Geschäft auf lange Sicht schädigen können. Welche Auswirkungen wird eine globale Erwärmung um 1, 1,5 oder gar 3 Grad Celsius auf Ihre Wertschöpfungskette haben? Wie können Sie sich auf diese Szenarien vorbereiten? Mit einem ganzheitlichen Risikobewusstsein können Sie ein solches Denken in Ihrem Unternehmen verankern. Wenn Sie zugleich für eine gut bestückte Nachhaltigkeits-Toolbox sorgen, haben Sie die richtigen Werkzeuge zur Hand, um solche und ähnliche Szenarien korrekt zu modellieren und zu analysieren.
Da dieselben Nachhaltigkeitsrisiken auch für andere Mitglieder der Wertschöpfungskette gelten können, sollten Sie Ihre Erkenntnisse mit Upstream- und Downstream-Partnern teilen. So stellen Sie sicher, dass alle eine ähnliche Risikoperspektive aufweisen. Als positiver Begleiteffekt werden Ihre Partner die eigenen Bedenken und Risikowahrnehmungen dann ebenfalls bereitwilliger weitergeben.
FALLSTUDIE: Bedeutender Automobilhersteller
Ein Klient aus der Automotive-Branche wandte sich an uns, weil er Transparenz und Risikobewusstsein entlang seiner gesamten Lieferkette verbessern wollte. Aufgrund der internationalen Geschäftstätigkeit handelte es sich um eine hochgradig komplexe Multi-Tier-Lieferkette mit 12.000 Standorten in 70 Ländern. Das Unternehmen wollte die Nachhaltigkeitsrisiken in seiner Lieferkette mindern und Nachhaltigkeitseffekte identifizieren, um so seine Gesamtperformance in diesem Bereich zu verbessern und fundiertere Entscheidungen treffen zu können.
Nach der Analyse des Lieferantenstamms und der zugehörigen Standorte entwickelten wir Prozesse für die fortlaufende Messung und Überwachung, ergänzt durch einen Risikominderungsprozess für Lieferanten, der diesen formale Nachhaltigkeitsrichtlinien bereitstellte. Gemeinsam mit dem Klienten entwickelten wir einen Standardprozess für die Evaluierung und Identifizierung von Nachhaltigkeitsproblemen und Verbesserungsmöglichkeiten in der vorgelagerten Lieferkette. Durch die Standardisierung dieses Prozesses ließen sich die Kosten für die Evaluierung der 12.000 aktuellen Standorte sowie etwaiger künftiger Standorte deutlich senken. Parallel dazu erstellten wir eine Datenbank der Nachhaltigkeitsrisiken nach Land, um informierte Entscheidungen über neue Standorte zu ermöglichen. Da Nachhaltigkeitsrisiken infolge dieser Maßnahmen besser quantifizierbar und erkennbar sind, werden sie bei den Entscheidungsprozessen des Klienten nun deutlich stärker berücksichtigt.
Nachhaltigkeits-Reporting
In den Anfangsjahren der Nachhaltigkeit veröffentlichten Unternehmen zusätzlich zu ihrem Geschäftsbericht einen separaten Umweltbericht. Heutzutage wird Nachhaltigkeit als ein Konzept verstanden, mit dem sich Folgen für Mensch, Natur und Unternehmensgewinne generell beschreiben lassen. Dieses Verständnis hat die Definition der Nachhaltigkeit erweitert und zahlreiche Berichtsformate hervorgebracht. Regulatorische Anforderungen auf EU- und Länderebene (für börsennotierte Unternehmen und/oder abhängig von der Unternehmensgröße) haben dazu geführt, dass immer mehr Unternehmen einen jährlichen Nachhaltigkeitsbericht vorlegen müssen. Viele Unternehmen verwenden den GRI-Standard als Leitfaden für ihre Berichterstattung. Mit diesem formalistischen Ansatz können sie sich darauf verlassen, dass sie den meisten Rechtsvorschriften genügen. In den vergangenen Jahren hat sich die Reporting-Praxis weiterentwickelt. Die meisten Unternehmen gehen nun über die klassische Berichterstattung hinaus und verpflichten sich proaktiv zu ausgewählten SDGs und SBTs, um ihre Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und CO2-neutral zu werden.
Ein strukturierter, zentralisierter Reporting-Prozess ist unabdingbar, um analog zum Geschäftsbericht auch einen fundierten Nachhaltigkeitsbericht erstellen zu können. Ähnlich wie die Zertifizierung zwingt auch der jährliche Nachhaltigkeitsbericht die Unternehmen dazu, Reporting-Routinen anzuwenden und zentrale Bewertungskriterien zu verstehen. Zugleich ist der Bericht aber auch ein Werkzeug, das sie auf vielerlei Weise bei der erfolgreichen Nachhaltigkeitstransformation unterstützen kann.
Neben den klassischen Nachhaltigkeitsberichten können Unternehmen auch auf andere Weise über ihre Nachhaltigkeitsperformance informieren. Das Carbon Disclosure Project (CDP) ist eine Non-Profit-Organisation, die seit über 20 Jahren Emissionsdaten von Unternehmen und Communities zusammenträgt und dabei eine der größten und umfassendsten Datenbanken zu diesem Thema erstellt hat. Das CDP hat ein standardisiertes Reporting-Schema entwickelt, das Transparenz fördert und Unternehmen dabei hilft, ihren Nachhaltigkeitseffekt zu messen und zu vergleichen.
FALLSTUDIE: A.P. Moller - Maersk
Heutzutage veröffentlichen die meisten Großunternehmen eigene Nachhaltigkeitsberichte. Vor 10 oder 15 Jahren war dies noch nicht der Fall, und B2B-Akteure wie zum Beispiel Transportunternehmen sprangen besonders spät auf den Zug auf. A.P. Moller - Maersk, eine der ersten großen, international aktiven Container-Reedereien, veröffentlicht bereits seit Längerem Nachhaltigkeitsberichte, die im Laufe der Zeit immer ausführlicher und umfangreicher wurden. Der Bericht 2021 gibt umfassende Einblicke in die KPIs, Ziele und Initiativen, mit denen Maersk seinen Nachhaltigkeitsweg gestaltet. Der Bericht ist für jeden zugänglich, der sich über die Nachhaltigkeitsperformance des Unternehmens informieren möchte. Mittlerweile sind die meisten anderen großen Reedereien diesem Beispiel gefolgt – wenn auch mit mehreren Jahren Verspätung – und veröffentlichen ebenfalls Nachhaltigkeitsberichte.
Kosten-Nutzen-Berechnung zur Nachhaltigkeit
Dieser Hebel gibt Aufschluss über die TCO von Nachhaltigkeitsinitiativen unter Berücksichtigung von Kosten und Nutzen. Transparenz ist ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsmaßnahmen in Relation zum Gesamtgeschäft des Unternehmens vollständig zu erfassen. Eine entsprechende Analyse kann beispielsweise die finanziellen Folgen einer Non-Compliance (Strafzahlungen oder anderweitige negative Effekte) den Kosten für die Compliance gegenüberstellen.
Mit einer Kosten-Nutzen-Berechnung können Sie die drei Dimensionen der Nachhaltigkeit abwägen und die jeweiligen Konsequenzen quantifizierbar zueinander ins Verhältnis setzen. Der Hebel sollte auch eine Sensitivitätsanalyse beinhalten, um die Kosten für den Wandel besser zu verstehen, einschließlich einer Abschätzung der Investitionskosten, die für die Erreichung des nächsthöheren Nachhaltigkeitsniveaus anfallen.
Die Schwierigkeiten einer Kosten-Nutzen-Berechnung liegen darin, unterschiedliche Datenquellen einzubeziehen und nachteilige externe Faktoren zu quantifizieren, um auf dieser Basis die weitere Entwicklung des Marktes und der regulatorischen Rahmenbedingungen abzuschätzen.
Sofern keine präzisen Daten vorliegen, sollten Sie mit Kostenannahmen arbeiten und diese aktualisieren, sobald weitere Daten vorliegen und Sie allmählich ein genaueres Bild von den tatsächlichen Nachhaltigkeitskosten erhalten.
FALLSTUDIE: Microsoft Sustainability Calculator
Mit dem Microsoft Sustainability Calculator können Unternehmen analysieren lassen, welche CO2-Emissionen durch ihre IT-Infrastruktur entstehen. Die Power-BI-Anwendung für Azure-Enterprise-Kunden ermittelt die Emissionen, die durch die Nutzung von Microsoft-Services erzeugt werden. Der daraus resultierende Bericht benennt den CO2-Fußabdruck von Cloud-Diensten und ermöglicht die Quantifizierung der Emissionen nach Region.
Mit dem Rechner erhalten die Unternehmen einen genauen Überblick über die geschätzten Emissionseinsparungen durch in Azure ausgeführte Workloads, indem die Effizienz des IT-Betriebs bei Microsoft, der IT-Ausstattung und der Rechenzentrumsinfrastruktur mit der einer lokalen Bereitstellung verglichen werden. Außerdem werden die Emissionseinsparungen geschätzt, die sich aufgrund der Investitionen von Microsoft in erneuerbare Energien ergeben.
TCO-Berechnung von ESG-Kriterien
Dieser Hebel erweitert die oben beschriebene Kosten-Nutzen-Berechnung zur Nachhaltigkeit. Er berücksichtigt die Kosten aller Einzelschritte und leitet daraus die Gesamtkosten (TCO) einer Dienstleistung oder eines Produkts ab. Die Berechnung ist insofern fortgeschritten, als die Quantifizierung der nachteiligen externen Faktoren ein hohes Maß an Transparenz und eine gut ausgebildete Systemintegration erfordert. Für manche externen Faktoren wie beispielsweise Emissionen ist es bedeutend einfacher geworden, eine Kostenberechnung vorzunehmen. Für andere Nachhaltigkeitsaspekte, zu denen der Verlust an Lebensraum, Lärmverschmutzung oder Kinderarbeit gehören, lassen sich die tatsächlichen gesellschaftlichen Kosten nur sehr schwer abschätzen. Trotz dieser Einschränkung bildet die TCO-Berechnung von ESG-Kriterien eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Sie Ihre (wissenschaftsbasierten) Ziele von unten nach oben realisieren können.
Die TCO-Berechnung ist außerdem ein Lernprozess, in dessen Verlauf Sie Annahmen tätigen und diese immer wieder an den aktuellen Erkenntnisstand anpassen. Sie ergibt somit kein festgefügtes Bild, sondern unterstützt die Entscheidungsfindung bei strategischen Nachhaltigkeitsmaßnahmen. D6
Transparenz entlang der Wertschöpfungskette
Ein wichtiger Faktor für ein erfolgreiches Nachhaltigkeitsmanagement besteht darin, die Sichtbarkeit von Nachhaltigkeitseffekten entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu erhöhen. Bei dieser Betrachtung sollten Sie nicht nur Ihre eigenen Abläufe, sondern auch die Ihrer Tier-1-Lieferanten und der Partner in der vorgelagerten Wertschöpfungskette einbeziehen. Sie müssen wissen, wo Waren oder Rohstoffe produziert werden, wie umweltverträglich der Transport ist und wie konsequent Ihre Lieferanten die notwendigen Nachhaltigkeitsanforderungen einhalten. Wenn der Nachhaltigkeitsstatus von Zulieferern bisher vernachlässigt wurde, können vermehrte Transparenzbemühungen Abhilfe schaffen und die Bedeutung einer Compliance jenseits Ihres eigenen Unternehmens unterstreichen.
Es wird zunehmend wichtiger, auch die Auswirkungen im nachgelagerten Teil der Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen. Hierzu gehört die Art und Weise, wie die Endverbraucher das Produkt nutzen, welche Emissionen sie verursachen, wie das Produkt entsorgt wird und ob die Gefahr besteht, dass die Umwelt verschmutzt oder lokale Gemeinschaften beeinträchtigt werden, einschließlich etwaiger Gesundheitsrisiken für die Endverbraucher. Grundsätzlich entwickeln die Verbraucher ein immer größeres Nachhaltigkeitsbewusstsein. Dies gilt für Abfallmanagementsysteme im privaten Bereich ebenso wie für Anreizsysteme durch den Gesetzgeber wie beispielsweise Mehrwegsysteme für Getränkeverpackungen.
Mehr Sichtbarkeit muss durch intelligente Instrumente wie Ecovadis unterfüttert werden, die für eine bessere Visibilität im vorgelagerten Teil der Wertschöpfungskette sorgen. Im nachgelagerten Teil bleibt dies schwierig, da es sowohl interne Koordination als auch die Einbeziehung von Kundengruppen und Regulierungsvertretern erfordert. Dies ist ein komplizierter Vorgang, da manche Informationen aus offiziellen Berichten erhalten werden, die nicht immer die gewünschte Verlässlichkeit aufweisen, während die Datentransparenz insgesamt durch Datenschutzbestimmungen wie die DSGVO limitiert wird.
Traditionell ist die Lieferkettensichtbarkeit für das produzierende Gewerbe am wichtigsten, aber in jüngster Zeit werden auch Technologieunternehmen und Dienstleister verstärkt ins Visier genommen. Folgende Fragen sollten Sie beantworten können:
- Wie wird die Dienstleistung erbracht? Nutzen die Rechenzentren zum Beispiel erneuerbare Energien?
- Was ist notwendig, um die Dienstleistung anbieten zu können? Wie erfolgt zum Beispiel der Transport?
- Welche Auswirkungen hat die Dienstleistung auf die Verbraucher?
FALLSTUDIE: Mercedes-Benz
Der deutsche Autobauer Mercedes-Benz will in weniger als zwanzig Jahren nur noch CO2-neutrale Pkw an seine Kunden ausliefern. Um dieses Ziel zu erreichen, benötigt das Unternehmen umfassende Einblicke in alle relevanten Prozesse der Wertschöpfungskette. Gemeinsam mit dem Start-up Circulor begann Mercedes-Benz zunächst damit, die CO2-Bilanz seiner Kobalt-Lieferkette genauer zu betrachten. Mittels Blockchain-basierter Systeme verfolgte der Konzern die Materialien in der Produktionsphase, die anfallenden CO2-Emissionen und den Recyclinganteil an der gesamten Lieferkette, um auf lange Sicht geschlossene Stoffzyklen und eine zirkuläre Ökonomie zu entwickeln. Als Resultat kann Mercedes-Benz nicht nur auf mehr Transparenz, gute Arbeitsbedingungen und die Einhaltung der Menschenrechte, auf Umwelt- und Arbeitsschutz verweisen. Der Konzern kann auch sicherstellen, dass unternehmensethische und Sicherheitsstandards von allen Beteiligten eingehalten werden.
Nachhaltigkeitsbepreisung
Nachhaltige Unternehmen müssen die wahren Kosten der Nachhaltigkeit bei ihrer Preisfindung berücksichtigen. Datengestützte Analysen können hilfreich sein. Wichtige Erfolgsfaktoren für diese Analyse sind zum einen transparente Kostenstrukturen, zum anderen ein Vertriebsmanagement, das aus eigenem Antrieb auf die Kunden zugeht, um deren Akzeptanz für eine geplante Preisanhebung zu erhalten.
Eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsbepreisung ist immer funktionsübergreifend, da mehrere Abteilungen zusammenwirken müssen, um die vollständige Auswirkung von so unterschiedlichen Faktoren wie Energie, Verpackung, Transport oder Fertigung zu ermitteln. Erst durch vollständige Transparenz erhält Ihr Unternehmen die notwendige Datengrundlage für einen Preisaufschlag, da alle Einsatzkosten jederzeit nachverfolgbar sind. Mit Datentransparenz können Sie auch etwaigen Greenwashing-Bedenken Ihrer Kunden entgegentreten.
Bei der Neuaufstellung des Produkt- und Serviceportfolios kann die Nachhaltigkeitsbepreisung einen nützlichen Beitrag zur Kundensegmentierung leisten, da sie die klare Unterscheidung von nachhaltigen und nicht nachhaltigen Produkten und/oder Dienstleistungen ermöglicht. Zukunftsorientierte strategische Portfolioentscheidungen können dann auf Grundlage dieser Analyse erfolgen. Unsere Erfahrung zeigt: Die Akzeptanz für höhere Preise ist besser, wenn Sie genau darlegen können, wie Sie zu diesen Preisen gelangen. Besonders relevant ist dies für B2C- und B2B-Unternehmen, deren Kunden ihre eigene Nachhaltigkeitsperformance im Blick haben (zum Beispiel bei intermodalen Verkehrslösungen für FMCG-Anbieter).
FALLSTUDIE: Agrarunternehmen
Unser Klient, ein bedeutendes Agrarunternehmen, hatte Schwierigkeiten mit den Liefermengen für seine Niederlassungen in Brasilien. Die Erzeugermargen im Süden des Landes waren aus mehreren Gründen unter Druck geraten, darunter unzureichende Preise, hohe Produktionskosten, konkurrierende Anbau- und Unternehmensmargen sowie andere Einkommensströme. All dies wirkte sich nachteilig auf die Verfügbarkeit und den Preis von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus. Unser Klient wollte einen Prototyp für ein nachhaltiges Modell zu Anbaupreisen und Erzeugergewinnen entwickeln, um den Landwirten Anreize zu geben, mehr anzubauen und ihre Erzeugnisse an sein Unternehmen zu verkaufen. Mit den nachhaltigen Erzeugergewinnen wollte der Klient Lieferengpässe vermeiden und zugleich wettbewerbsfähig bleiben.
Gemeinsam mit dem Klienten entwickelten wir ein datengesteuertes Tool mit einem Modell für nachhaltige Erträge aus verschiedenen Anbaukulturen, einem jährlichen Anbaupreismodell, einem Benutzerhandbuch und einem Schulungsworkshop für künftiges Betriebs- und Instandhaltungspersonal. Unser Tool reduzierte die Risiken durch konkurrierende Kulturen und alternative Beschäftigungsmöglichkeiten, berücksichtigte den demografischen Wandel bei den Erzeugern und erstattete die Erzeugerkosten in jedem beliebigen Pflanzzyklus. Der neue Prototyp für die Preisfestsetzung war ein Erfolg und führte dazu, dass sich hochwertige Erzeuger in einem wettbewerbsintensiven, dynamischen Umfeld für unseren Klienten entschieden. Dank der konkurrenzfähigen Preise für Anbaukulturen ist die Versorgungssicherheit heute und in der Zukunft gesichert. Auch Nachhaltigkeit und finanzielle Tragfähigkeit werden angemessen berücksichtigt. Direkt nach der erfolgreichen Durchführung des Prototypprojekts führte der Klient das Tool auch für seine Planungszyklen in anderen Regionen ein.
Nachhaltiges Produktportfolio
Mit einem nachhaltigen Produktportfolio kann Ihr Unternehmen seinen Produkten und Dienstleistungen zusätzliche Nachhaltigkeit verleihen und seinen Kunden zusätzlichen Mehrwert bieten. Nachhaltige Produktportfolios können ganz unterschiedlich aussehen und lassen sich in den verschiedensten Branchen beobachten. Produkte können zum einen von vornherein nachhaltig sein, wie beispielsweise der Sneaker, der aus Recyclingmaterialien besteht und ausschließlich mit erneuerbaren Energien hergestellt wird. Auf der anderen Seite gibt es Produkte, die den Verbrauchern ein nachhaltigeres Leben ermöglichen, wie beispielsweise LED-Lampen und wassersparende Armaturen.
Viele FMCG- oder Bekleidungshersteller haben ihr Portfolio um nachhaltige Angebote wie den oben erwähnten Sneaker ergänzt. Selbst in B2B-Sektoren wie dem Transportwesen werden mittlerweile die Nachhaltigkeitsvorteile von intermodalen Verkehrslösungen oder Alternativen zur Nutzung fossiler Brennstoffe werbewirksam hervorgehoben.
Diese Portfolios sind angreifbar, wenn sie nur auf dem Papier nachhaltig sind oder im Widerspruch zum übrigen, nicht nachhaltigen Portfolio des Unternehmens stehen, das möglicherweise umweltschädigend ist oder unfaire Arbeitspraktiken toleriert. Vor der Entwicklung einer nachhaltigen Produktreihe sollten Sie die Risikoexposition Ihres gesamten Produktportfolios überprüfen.
Die Einführung eines nachhaltigen Portfolios ist ein komplizierter Vorgang, der sorgfältig geplant und umgesetzt werden muss, um die strategische Ausrichtung sicherzustellen. Das neu ausgerichtete, nachhaltige Produktportfolio wird sich dann mit großer Wahrscheinlichkeit positiv auf Verkaufszahlen, Kundenbindung, Talentgewinnung und -bindung sowie Shareholder Value auswirken.
FALLSTUDIE: BASF
Der deutsche Chemiekonzern betrachtet den europäischen Green Deal als wirksamen Motor, um seine Palette an nachhaltigen Produkten und Produktionsverfahren weiter zu verbessern. BASF will bei den CO2-Emissionen bis 2050 den Netto-Null-Status erreichen und setzt dabei auf energieeffiziente und biobasierte Materialien für eine Zukunft, die ohne fossile Ressourcen auskommt. Der Konzern entwickelt Materialien für eine nachhaltige Mobilität (PU-Lösungen für Batterien und Panoramadächer) sowie biobasierte Materialien zu Isolierungszwecken. Fossile Ressourcen sollen vollständig durch erneuerbare Rohstoffe ersetzt werden.
Design for Sustainability
Hinter dem Begriff Design for Sustainability steht ein besonders wirkungsvoller Hebel, mit dem Nachhaltigkeit im Kern sämtlicher Produkte oder Services verankert werden kann – zu einem Zeitpunkt, an dem noch alles möglich ist und keine Beschränkungen zu beachten sind. Ganz anders stellt sich die Situation dar, wenn ein vorhandenes Angebot mühsam umgestaltet werden soll. Nachhaltigkeitsfaktoren müssen in jeden Schritt und jeden Aspekt des Designvorgangs integriert und mit der Funktionalität und sowie dem Lebenszyklus des betreffenden Produkt- oder Serviceangebots in Einklang gebracht werden. Allerdings führt die Anwendung dieser Faktoren auf die Konzeptionsphase zu einem sehr viel komplexeren Designprozess und meist auch zu zahlreichen Kompromissen, die sich nur schwer auflösen lassen.
Neben dem offenkundigen Dilemma von Kosten versus ökologischer und sozialer Wirkung stehen Entwicklungsingenieure auch vor den Herausforderungen, die eine extrem dynamische Geschäftsumgebung mit sich bringt. Heute noch nachhaltige Lösungen sind in wenigen Jahren womöglich obsolet, weil es bis dahin neue Innovationen gibt oder weil sich das Marktumfeld geändert hat. So kann die Entwicklung eines Produkts mit einer wiederverwendbaren Batterie auf lange Sicht Preis- und Verfügbarkeitsprobleme nach sich ziehen, da die weltweite Nachfrage nach Lithium und anderen seltenen Erden durch die Elektrifizierung der Automobilindustrie sprunghaft ansteigt. Auch die Berücksichtigung sämtlicher Nachhaltigkeitsimplikationen aller Input-Faktoren einzelner Produkte oder Services ist ein schwieriges Unterfangen, das weitreichende Kenntnisse der technologischen, ökologischen, geopolitischen und ökonomischen Gegebenheiten verlangt. Design for Sustainability ist daher ein langfristiger Prozess, der eine enge Abstimmung funktionsübergreifender Teams und einen hohen Grad an Systembereitschaft erfordert.
FALLSTUDIE: Philips
Der Healthcare-Anbieter Philips nutzt anstelle herkömmlicher Designprozesse einen Ökodesign-Ansatz, der von Anfang an auf Nachhaltigkeit setzt. Kern des Gedankens ist es, bereits in der Konzeptions- und Designphase den gesamten Umwelteffekt eines Produkts im Blick zu haben. Das Unternehmen will bis 2025 alle neuen Produkte auf diese Weise entwickeln und dabei eine bessere Energieeffizienz erhalten, den Ressourcenverbrauch senken, den Anteil an Recyclingmaterialien steigern und den Einsatz von Gefahrstoffen vermeiden. Angestrebt wird zudem Zirkularität und die Verwendung von Verpackungen, die sich einfach wiederverwerten und wiederverwenden lassen. Das Fundament für all diese Vorhaben bildet eine Lifecycle-Analyse, mit der die Umweltwirkung in jeder Phase des Produktlebenszyklus beurteilt werden kann, von der Materialbeschaffung über die Produktion, Verwendung und Instandhaltung bis zur Entsorgung oder Wiederverwertung.
FALLSTUDIE: Globales Pharmaunternehmen
Ein weltweit agierendes Pharmaunternehmen wollte das Design von Flaschen, Verschlüssen, Blistern und Folien unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten beurteilen lassen. Gemeinsam mit dem Klienten analysierten wir 20 Artikelpositionen (SKUs) in unserem Designlabor, wo wir sie zerlegten und mit Konkurrenzprodukten verglichen. Ergänzend dazu sammelten und konsolidierten wir Kundenbewertungen zu den Verpackungen. In funktionsübergreifenden Workshops mit den Marketing-, Verpackungs-, Engineering- und Operations-Teams diskutierten und erarbeiteten wir Verpackungsmodifikationen, mit denen sich der Materialverbrauch spürbar verringern ließ, ohne dass die Funktionalität darunter zu leiden hatte. Das Resultat waren 5 bis 15 Prozent niedrigere Verpackungskosten pro SKU sowie ein erheblich geringerer Kunstharzverbrauch.
Wesentlichkeitsanalyse
Nachdem Sie die Basisdaten zur Nachhaltigkeit erhoben haben, besteht der nächste Schritt in der Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse (Materiality Assessment). Der Begriff bezeichnet eine Analyse, anhand derer Sie die sozialen und ökologischen Themen ermitteln können, die für Ihr Unternehmen und Ihre unmittelbaren Stakeholder am wesentlichsten sind. Gestützt auf diese Evaluierung können Sie dann die zentralen Sachverhalte identifizieren, auf die Sie sich bei Ihren weiteren Nachhaltigkeitsinitiativen konzentrieren müssen. Eine Wesentlichkeitsanalyse gibt zudem Aufschluss über das Meinungsbild innerhalb Ihrer Stakeholder sowie über deren Unterstützung für das Thema Nachhaltigkeit.
Für eine Wesentlichkeitsanalyse müssen zunächst die relevanten Stakeholder ermittelt werden. Hierbei kann es sich sowohl um interne als auch um externe Personen handeln, beispielsweise (ohne darauf beschränkt zu sein) um lokale Gemeinschaften, Lieferanten, Kunden, Regulierungsbehörden, Beschäftigte und Industriepartner. Nachdem Sie die zu messenden Sachverhalte geklärt und ein geeignetes Instrument für Ihre Analyse – wie beispielsweise einen Leitfaden für eine Umfrage oder ein teilstrukturiertes Interview – entwickelt haben, können Sie damit beginnen, die Meinungen und Einblicke Ihrer Stakeholder einzuholen. Zur Abrundung der Wesentlichkeitsanalyse müssen die verschiedenen Ansichten und Einschätzungen zu den ausgewählten Sachverhalten zusammengeführt und ausgewertet werden. Dieser Schritt ist wichtig, um Prioritäten zu setzen und Maßnahmen gezielt zu implementieren. Auch bei der Ermittlung künftiger Nachhaltigkeitsschritte spielt er eine bedeutende Rolle.
Die Wesentlichkeitsanalyse sollte unbedingt in beide Richtungen durchgeführt werden. Ihr Unternehmen hat Auswirkungen auf Gesellschaft und Umwelt, Letztere aber auch auf Ihr Unternehmen. Beide Perspektiven sind gleich bedeutsam.
FALLSTUDIE: A.P. Moller - Maersk
Die Container-Reederei Maersk führt jährliche Wesentlichkeitsanalysen durch. In diesem Zusammenhang finden Workshops mit Key Stakeholdern statt, um die wichtigsten Bereiche und Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit zu diskutieren. Den dabei erhaltenen Input verknüpft Maersk mit den Ergebnissen seiner eigenen Beurteilung und erstellt daraus eine Wesentlichkeitsmatrix. Sie berücksichtigt alle diskutierten Sachverhalte und gibt Aufschlüsse darüber, auf welche Aufgaben das Unternehmen seinen Nachhaltigkeitsfokus legen sollte. Die Matrix wird zudem mit den Ergebnissen aus früheren Jahren verglichen, um Trends zu ermitteln, und in den Nachhaltigkeitsbericht aufgenommen, den die Reederei jährlich erstellt und öffentlich zugänglich macht.
Nachhaltigkeits-Benchmarking
Nachhaltigkeitskennzahlen befinden sich fast durchweg noch in den Kinderschuhen und eignen sich nur eingeschränkt für den Vergleich der eigenen Daten mit Industriestandards oder Best-in-class-Beispielen. Eine jetzt schon gangbare Alternative besteht darin, anhand eines geplanten, regelmäßigen Benchmarking-Prozesses Vergleichsdaten von anderen Unternehmen zu erheben. Beim Benchmarking müssen Sie sich nicht notwendigerweise auf ein einziges Vergleichsunternehmen beschränken; andere Unternehmen bieten womöglich andere, ebenfalls relevante Daten. Ein Benchmarking verschafft Ihnen wertvolle Einsichten in Ihre Gesamtperformance und beantwortet Fragen wie: Wo liegen Ihre Risikobereiche und wo investieren Sie zu viel oder nicht genug? Im Laufe der Zeit entsteht ein detailliertes Bild von den verschiedenen Benchmark-Partnern, das nützlichen Input zu spezifischen Fragen besteuern kann.
Bei regelmäßiger Durchführung dient das Benchmarking als unkompliziertes Trendbarometer zu einer Branche und/oder einer konkreten Fragestellung. Die gewonnenen Daten können Aufschluss über die Richtung geben, in die sich Ihre Branche entwickelt, sowie darüber, wie gut Ihr Unternehmen positioniert ist.
Ein externes Benchmarking kann von einem Drittanbieter durchgeführt werden; alternativ können Benchmarking-Daten ein öffentlich zugänglicher Teil Ihrer Business Intelligence sein, wie beispielsweise Zertifizierungen, GRI-Standards und Nachhaltigkeitsberichte. Ein erfolgreiches Nachhaltigkeits-Benchmarking benötigt ein hohes Maß an Daten-Governance und Datenverfügbarkeit, sowohl intern wie extern.
FALLSTUDIE: Führender europäischer Retailer
Einer unserer Klienten, ein führender europäischer Retailer, wollte mehr über seinen Nachhaltigkeitsstatus erfahren, da seine Kunden vermehrt hochwertige, biologisch erzeugte Lebensmittel und andere Erzeugnisse nachfragten. Mit dem Verkauf von Eigenmarken und Bio-Produkten hatte der Retailer die erste Generation von Nachhaltigkeitsstrategien bereits erfolgreich umgesetzt. Jetzt wollte er wissen, wo er im Wettbewerbsvergleich stand. Unser Auftrag lautete, die aktuelle Nachhaltigkeitsperformance des Klienten zu ermitteln und Empfehlungen für das weitere Vorgehen zu formulieren. Zu diesem Zweck führten wir ein Benchmarking mit anderen europäischen Top-Retailern durch, das acht Dimensionen, 18 Themen und 73 KPIs umspannte.
Das Benchmarking berücksichtigte die Performance in Bereichen, in denen der Klient bereits Initiativen durchgeführt hatte, sowie in potenziellen Nachhaltigkeitsfeldern für neue oder verwandte Produkte und Services. Die Ergebnisse dienten als Grundlage für die Verfeinerung der Nachhaltigkeitsaktivitäten rund um den Gesundheitsschutz sowie zur Aktualisierung des Produktportfolios. Intern stellte der Retailer seine Organisationsstruktur, die Rechenschaftspflichten, Kennzahlen und den Governance-Ansatz um, um Nachhaltigkeitsthemen noch tiefer im gesamten Unternehmen zu verankern.
Nachhaltigkeits-Roadmap
Nachdem Sie Ihren Due-Diligence-Pflichten nachgekommen und alle grundlegenden Elemente vorhanden sind (Baseline, Wesentlichkeitsanalyse, kennzahlbasierte Datenbank und Verhaltenskodex), können Sie damit beginnen, den Verlauf Ihres Nachhaltigkeitswegs formell und im Detail zu planen. An dieser Stelle kommt die Nachhaltigkeits-Roadmap ins Spiel.
Die Nachhaltigkeits-Roadmap kann viele Formen annehmen. Sie ist jedoch immer ein Dokument, das als Leitplanke für die langfristige Entwicklung Ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und der ihr zugrundeliegenden Initiativen dient. Die Roadmap legt dar, welche konkreten Maßnahmen Sie ergreifen wollen, wie diese finanziert und wann und wo sie umgesetzt werden. Sie benennt außerdem eindeutige Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Obwohl wir die Nachhaltigkeits-Roadmap links unten in unserer Schachbrett-Matrix positioniert haben, wird dieser Hebel immer bedeutsamer, je mehr Hebel weiter rechts und weiter oben im Schachbrett zur Anwendung kommen. Wenn Sie nach und nach konkrete Ziele festschreiben und immer komplexere Nachhaltigkeitstools und -prozesse anwenden, wird die Roadmap entsprechend aktualisiert, sodass sie stets Ihre aktuelle Position widerspiegelt. Keinesfalls sollten Sie sich jedoch ohne eine anfängliche, übersichtliche Karte auf den Weg machen – die Gefahr, sich zu verirren, wäre zu groß.
FALLSTUDIE: Globales F&B-Unternehmen
Ein weltweit agierendes F&B-Unternehmen wandte sich an uns, nachdem seine Nachhaltigkeitsbestrebungen nicht den gewünschten Erfolg hatten. Die vorhandenen Initiativen waren zusammenhanglos und isoliert, ihr Effekt wurde weder konsistent erfasst noch gemessen. Infolge dieser unbefriedigenden Situation hatten NGOs dem Klienten Greenwashing vorgeworfen. Das Unternehmen wünschte sich einen strukturierten, systematischen Nachhaltigkeitsansatz, der für die kommenden Jahre als Richtschnur dienen und sicherstellen sollte, dass Errungenschaften nicht zu positiv dargestellt wurden.
Wir halfen dem Klienten dabei, den Status seiner laufenden Initiativen einschließlich der zugehörigen Ressourcen und Verantwortlichkeiten zu überprüfen, und gingen in Workshops der Frage nach, welche weiteren Nachhaltigkeitsinitiativen denkbar wären. Im Anschluss daran unterstützten wir den Klienten bei der Darstellung der identifizierten Initiativen in einer Nachhaltigkeits-Roadmap mit detaillierten Zuständigkeiten, Zeitschienen, Ressourcen und Finanzierungen für alle Initiativen. Die Roadmap dokumentierte zudem die erwarteten Auswirkungen und Verantwortlichkeiten auf Stakeholder-Ebene. Dank der gemeinsam entworfenen Roadmap kennt und versteht der Klient nun seinen Nachhaltigkeitsweg und weiß, wie er gute Ideen in die Praxis umsetzen kann. Da zugleich Rechenschaftspflichten und Planbarkeit der vorgesehenen Initiativen verbessert wurden, sinkt die Gefahr von Greenwashing-Vorwürfen.
Science-based targets
In den Jahren nach dem Pariser Klimaabkommen 2015 entstanden in schneller Folge science-based targets (SBTs), die sich auf konkrete Dekarbonisierungsinitiativen anwenden lassen und diese strukturieren. Insbesondere börsennotierte Unternehmen nutzen SBTs zusätzlich zu ihren Reporting- und SDG-Verpflichtungen, um ihre Wertschöpfungsketten messbar nachhaltiger zu machen. Die in drei Scopes (1, 2, 3) unterteilten SBTs beziehen sich auf direkte und indirekte Treibhausgas-Emissionen sowie auf die Wertschöpfungskette. Eine genauere Erläuterung der SBTs und der verschiedenen Emissionskategorien finden Sie in Kapitel 2. SBTs definieren allgemeine unternehmens- und bereichsspezifische Nachhaltigkeitsziele und ermöglichen deren regelmäßige Überwachung.
Vor der Festlegung von SBTs müssen Sie zunächst für jede Emissionskategorie geeignete Unternehmensdaten identifizieren. In einem zweiten Schritt priorisieren Sie dann die Eingabedaten basierend auf ihrer Relevanz und Visibilität. Abschließend definieren Sie verschiedene Gruppen von Zielen und legen eine Zeitschiene für deren Realisierung fest (zum Beispiel Erreichen von Ziel A bis 2025 und Ziel B bis 2030). Wenn alles richtig läuft, ergibt sich daraus ein Aktionsplan mit konkreten Meilensteinen, der abgearbeitet werden kann, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen.
FALLSTUDIE: Carrefour
Carrefour führte bereits 2015 SBTs für seine Scope-1-, Scope-2- und Scope-3-Emissionen ein. 2020 verordnete sich Carrefour neue Ziele für Scope 1 und 2. Parallel dazu fokussierte sich der Konzern verstärkt auf Scope 3, da 98 Prozent seiner Emissionen in diese Kategorie fallen (erzeugt überwiegend durch Produkte und Verpackungen in den Filialen sowie durch deren Verwendung). Ziel dieser Maßnahme ist es, die Nachhaltigkeitsperformance der Produkte, Filialen und operativen Prozesse von Carrefour bezogen auf das Ausgangsjahr 2019 deutlich zu verbessern. So sollen die Filialemissionen zum Beispiel bis 2030 um 30 Prozent und bis 2040 um 55 Prozent gegenüber 2019 gesenkt werden. Auch bei den lieferanten- und verbraucherbezogenen Emissionen strebt Carrefour bis 2030 eine Reduktion um 30 Prozent beziehungsweise 27,5 Prozent an. Verkehrsbedingte Emissionen sollen bis 2030 um 20 Prozent und bis 2040 um 55 Prozent gegenüber 2019 zurückgehen. Dank dieser klar definierten und messbaren Ziele kann Carrefour genau überwachen, ob es seinem selbst gesteckten, langfristigen Transformationspfad folgt. Das Beispiel zeigt auch, wie SBTs an verschiedene Bereiche und Funktionen angepasst werden können, um eine realistische und sorgfältig gelenkte Herangehensweise sicherzustellen.
Nachhaltiger Business Case
Mit einer Business-Case-Bewertung aus dem Jahr 2010 lassen sich die Ziele für 2030 nicht erreichen; nicht einmal der Ist-Zustand 2022 kann damit aufrechterhalten werden. Wenn Ihr Unternehmen auf Dauer erfolgreich sein will, muss es zwangsläufig einige Parameter seiner Business-Case-Bewertung nachjustieren. Wenn Nachhaltigkeitsinitiativen auf den Tisch des CFO gelangen, werden sie oft nicht prioritär behandelt, da sie auf den ersten Blick mehr kosten als andere Initiativen oder einen geringeren ROI aufweisen. Damit Ihr Unternehmen nicht immer wieder kurzsichtige – und falsche – Entscheidungen trifft, muss es die Logik für seine Business-Case-Beurteilung an die Erfordernisse einer langfristigen Nachhaltigkeit anpassen.
Ihr Unternehmen wird nur dann erfolgreich sein, wenn es sowohl Nachhaltigkeit als auch fortgesetzte Untätigkeit mit einem Preisschild versieht. Wenn es darauf verzichtet und eine Nachhaltigkeitsinitiative unter den Tisch fällt, da der ROI nicht innerhalb einer bestimmten Zeit erreicht wird, könnte dies schmerzhafte Folgen haben und mittelfristig zum Verlust beträchtlicher Marktanteile führen. Diese Dynamik zu berücksichtigen und zu verstehen, wie sich Nachhaltigkeit auf mittlere bis lange Sicht auf Umsatz und Kosten auswirkt, ist von essenzieller Bedeutung, um sie in den Entscheidungsprozessen des Unternehmens zu verankern.
FALLSTUDIE: Führender Telekommunikationsanbieter
Im Rahmen eines größeren Nachhaltigkeitsprojekts unterstützten wir einen der weltweit größten Telekommunikationsanbieter dabei, Nachhaltigkeitskriterien in seine Business-Case-Logik zu integrieren. Der Klient hatte bereits ein umfangreiches Reporting- und Maßnahmenprogramm zu Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, Mensch, Gesellschaft und Geschäftsbeziehungen auf den Weg gebracht und gehörte damit zu den führenden Nachhaltigkeitsakteuren in der Telekommunikationsindustrie. Trotz dieses Engagements und der bereits erfolgten Maßnahmen war Nachhaltigkeit nur teilweise in das Unternehmen und dessen DNA eingeschrieben. Es blieb also noch einiges zu tun, um zu einem echten Vorreiter zu werden.
Gemeinsam mit dem Klienten entwickelten wir eine neue Methodik und Kommunikationsstrategie, um Nachhaltigkeit tiefer in den Entscheidungsprozessen zu verankern. Hierzu zählten zahlreiche Veränderungen am Geschäftsmodell des Unternehmens – insbesondere in den Bereichen Planung und Prognose, Berichtswesen, Beschaffung und Investitionen (einschließlich einer CO2-Bepreisung) –, um eine langfristige Perspektive für alle Business Cases zu erhalten. Auch die Kommunikationsstrategie wurde von uns überarbeitet und durch ein Narrativ, ein Markenkonzept, Stakeholder-Botschaften und neue Formate ergänzt. So konnten wir sicherstellen, dass alle Stakeholder wussten, warum die Veränderungen notwendig waren. Ob sich der gewünschte, langfristig positive Nachhaltigkeitseffekt einstellen wird, lässt sich noch nicht endgültig abschätzen. Auf jeden Fall aber helfen die Veränderungen dem Klienten dabei, auf seinem Nachhaltigkeitsweg zügiger voranzukommen.
Nachhaltigkeitspartnerschaft
Unternehmen können ein Netzwerk von Partnern knüpfen, die dieselbe Vision und/oder Strategie verfolgen, um sich als Pioniere in Sachen Nachhaltigkeit zu etablieren und voneinander zu lernen. Die Zusammenarbeit erfordert Geduld und Können, da sie über verbale Zusagen hinausgehen und die Effekte der vereinbarten Gemeinschaftsaktionen im Blick haben muss. Sie erfordert auch ein gemeinsames Verständnis darüber, wie Nachhaltigkeit angestrebt, gemessen und in Entscheidungsprozesse integriert werden soll. Der Hebel zielt auf die Implementierung eines Ansatzes, mit dem sich konkrete Nachhaltigkeitsmaßnahmen im Rahmen einer Partnerschaft identifizieren und planen lassen, um einzelne Aktionen zu priorisieren und den beabsichtigten Entscheidungsprozess zu unterstützen. Auf diese Weise lassen sich die Vorteile der Partnerschaft aufeinander abstimmen und unmissverständliche Zielsetzungen formulieren. Im Zuge dieses Verfahrens können den beteiligten Partnern konkrete Rollen und Verantwortlichkeiten zugewiesen werden. Auch Projektergebnisse und zusätzliche Verbesserungspotenziale lassen sich so identifizieren. All dies erhöht die Effektivität der Nachhaltigkeitspartnerschaft. Eine gelungene Zusammenarbeit eröffnet Möglichkeiten zur Definition von nachhaltigkeitsbezogenen Branchenstandards und kann sich innovationsfördernd auswirken.
Partnerschaften können entweder informell sein oder vertraglich festgeschrieben werden. In manchen Fällen tun sich gleichgeartete Partner zusammen, während bei anderen Partnerschaften eine deutlichere Aufteilung vorherrscht. So kann eine Seite zum Beispiel die Initiative finanzieren und die andere die entsprechenden Maßnahmen umsetzen, oder ein Partner bringt die funktionale Expertise und Technologie mit ein, während der andere über das nötige Nachhaltigkeitswissen verfügt. Wichtig ist, dass die Partnerschaft nicht nach dem Motto „Ich gebe, damit du gibst“ funktioniert, da dies schnell zu Vertrauensverlust führt und den Eindruck erweckt, dass es nur um den eigenen Vorteil geht. Partnerschaften können aufgekündigt werden, wenn beide Seiten sich einig sind, dass sie keine Vorteile mehr daraus ziehen. Dies kann jedoch häufig negative Konsequenzen haben, insbesondere dann, wenn die Nachhaltigkeitspartnerschaft aus Markengründen intensiv kommuniziert wurde. Wir empfehlen daher, mit Bedacht vorzugehen und potenzielle Partner gründlich unter die Lupe zu nehmen, bevor eine engere Beziehung geknüpft wird.
Externer Sustainability Board
Mit der Einrichtung eines externen Sustainability Boards erhalten Sie eine wertvolle Außenperspektive und Hinweise zur Verbesserung Ihres Nachhaltigkeitsmanagements. Der Hebel unterstützt eine unabhängige Sicht auf Ihre Aktivitäten in allen drei relevanten Feldern: Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt.
Aus dieser Perspektive heraus lässt sich erkennen, ob und inwiefern alle Nachhaltigkeitsziele an den übergeordneten strategischen Zielen ausgerichtet sind und maßgeblichen Stakeholder-Interessen zugutekommen. In seiner Rolle als Sondierungsgremium unterstützt der Sustainability Board die Kalibrierung von Maßnahmen, während seine Zusammensetzung einen noch intensiveren Austausch über Unternehmens- und Sektorgrenzen hinweg ermöglicht. Die Auswahl der Mitglieder ist abhängig von Ihren spezifischen Zielen und Ihrer Vernetzung. Wenn Sie eine bestimmte Expertise brauchen, finden Sie mögliche Kandidaten unter den Meinungsführern spezieller Interessengruppen. Wenn Sie hingegen einen Experten mit einer bestimmten Transformationserfahrung benötigen, sollten Sie sich in Branchen mit einer ähnlichen Industrielogik umsehen.
Ein externer Sustainability Board kann auch den jährlichen Nachhaltigkeitsbericht vor dessen Veröffentlichung überprüfen und Ihnen somit ergänzend zum formellen OK des Unternehmensprüfers informelles Feedback dazu geben, ob Sie auf dem richtigen Weg sind.
FALLSTUDIE: SEB
Der führende schwedische Finanzdienstleistungskonzern SEB hat einen externen Sustainability Board eingerichtet, der mit führenden Nachhaltigkeitsexperten besetzt ist. Die Einblicke der nicht aus dem Finanzsektor stammenden Experten helfen dem Konzern beim erfolgreichen Umgang mit den Nachhaltigkeitsherausforderungen heute und in der Zukunft, indem sie Kenntnisse und Bewusstsein innerhalb von SEB fördern.
Der Sustainability Board befasst sich mit Thesen, Theorien und Vorschlägen zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen und kann hierbei auf Experten zurückgreifen, die ganz unterschiedliche Erfahrungen und berufliche Hintergründe einbringen.
FALLSTUDIE: Globaler Medizingerätehersteller
Ein mehrere Milliarden US-Dollar schwerer Medizingerätehersteller wollte mit unserer Hilfe seine Betriebskosten senken und die Gewinne steigern, indem er sich auf nachhaltige Aktivitäten fokussierte und seine Umweltbilanz verbesserte. Unsere Aufgabe bestand darin, eine globale Nachhaltigkeitsstrategie mit Richtlinien und Anreizen für ein Environmental Stewardship, einen Business Case für Umsetzungsmaßnahmen sowie ein Governance-Modell zu entwickeln, das eine konsistente Unternehmensausrichtung mit Flexibilität auf Bereichsebene verbinden sollte. Hierfür untersuchten wir die Umweltauswirkungen und Nachhaltigkeitspraktiken des Unternehmens, priorisierten die wichtigsten Umweltthemen, identifizierten Schwachstellen und formulierten eine Nachhaltigkeitsvision. Neben anderen Initiativen erarbeiteten wir eine Governance-Struktur mit einem externen Beirat und einem Lenkungskreis Nachhaltigkeit, um das Environmental-Stewardship-Prinzip in der Strategie und den täglichen Prozessen des Unternehmens zu verankern. Der externe Beirat unterstützte die C-Suite bei Entscheidungen zur Nachhaltigkeit. Mit seiner Hilfe konnte die Umweltbilanz des Unternehmens deutlich verbessert werden. Konkret werden pro Jahr mehr als 10 Millionen Kilogramm Kunstharz weniger verbraucht und 630 Millionen Kilowattstunden Strom eingespart.
Markenpositionierung
Die Wahrnehmung als nachhaltige Marke hat zweifellos viele Vorteile für Ihr Unternehmen. Neben dem Rückhalt in der Öffentlichkeit macht eine solche Wahrnehmung Sie auch für ESG-orientierte Investoren und gefragte Nachwuchstalente interessant. Nicht zu vergessen sind Kunden, die nachhaltige Lösungen und Partner bevorzugen und ihnen den Vorzug gegenüber einem weniger nachhaltigen Konkurrenten geben beziehungsweise bereit sind, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Der Schlüssel zur Positionierung als nachhaltige Marke besteht in einer stringenten Due Diligence. Sie stellt sicher, dass Ihr Unternehmen tatsächlich nachhaltig ist, bevor es sich als solches präsentiert. Wer hier nachlässig handelt, riskiert ernsthafte Probleme. Ihre Stakeholder üben eventuell Nachsicht, wenn Sie sich als erwiesener Nachhaltigkeits-Champion ein oder zwei Fehltritte leisten. Trotzdem müssen auch solche Situationen proaktiv gemanagt werden, da sie langfristig Ihre Reputation und die Sympathien für Ihr Unternehmen schädigen können.
Ein weiterer Vorteil der Positionierung als nachhaltige Marke besteht darin, dass die normativen Erwartungen und der Erwartungsdruck seitens Ihrer Peers einen Rückkopplungseffekt auf Ihr eigenes Unternehmen haben. Nachhaltige Marken werden als Leader wahrgenommen, was die Erwartungen an ihre Nachhaltigkeitsperformance und Innovation in die Höhe schraubt. Diese Erwartungen üben einen normativen Druck auf Ihr Unternehmen aus und schaffen damit Anreize für alle Funktionen, proaktiv die nächste Stufe der Nachhaltigkeit zu erklimmen. Eine starke Markenpositionierung katapultiert Ihr Unternehmen somit in den Quadranten der Nachhaltigkeitsleader – falls Sie zuvor das notwendige Fundament gelegt haben.
FALLSTUDIE: Europäischer Hersteller von Schmierstoffadditiven
Wir unterstützten einen europäischen Hersteller von Schmierstoffadditiven dabei, Nachhaltigkeit als Teil seiner Markenstrategie zu nutzen. Das Unternehmen war bereits in mehreren Initiativen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft aktiv und vermarktete seine Produkte als „grün“ oder nachhaltig. Von Kearney erwartete sich der Klient eine noch bessere Positionierung im Bereich der Kreislaufwirtschaft sowie Erkenntnisse zu den geschäftlichen Chancen der Nachhaltigkeit. In einem ersten Schritt führten wir eine detaillierte Analyse von fünf Produkten in fünf Ländern durch. Dabei nutzten wir unsere proprietäre Trenddatenbank, um aktuelle geschäftliche Effekte von zirkulären Entwicklungen herauszuarbeiten. Danach identifizierten und evaluierten wir die öffentliche Meinung und relevante NGO-Themen anhand einer Sentimentanalyse in den sozialen Medien. Abschließend erstellten wir eine detaillierte Übersicht über alle aktuellen und geplanten Regulierungen zu Kreislaufwirtschaft und Nachhaltigkeit. Basierend auf diesen Ergebnissen identifizierten wir 21 konkrete Bereiche, in denen unser Klient durch eine verbesserte Positionierung zusätzlichen Umsatz generieren konnte.
Basisdaten zur Nachhaltigkeit
Die Erhebung von Basisdaten zur Nachhaltigkeit ist eine unverzichtbare Voraussetzung für die Nutzung komplexerer Hebel. Leider verzichten viele Unternehmen auf diesen wichtigen Schritt, weil er nicht so beeindruckend wirkt wie einige der anderen Nachhaltigkeitsthemen oder weil es ihnen an Datenverfügbarkeit und Datenbesitz mangelt, um einen solchen Baselining-Prozess durchzuführen.
Trotz dieser Schwierigkeiten kann nicht genug betont werden, wie wichtig die Erhebung von Basisdaten als erster Schritt auf dem langen Nachhaltigkeitsweg ist. Wenn er versäumt wird, kann ein Unternehmen zum Beispiel spontan ein Leuchtturmprojekt in Angriff nehmen und erst danach bemerken, dass der Nachhaltigkeitseffekt weder messbar noch mit historischen Daten vergleichbar ist – weil schlicht keine Basisdaten erhoben wurden. Die Basisdaten zur Nachhaltigkeit sollten ganzheitlich sein und alle relevanten ökologischen und sozialen Faktoren einbeziehen. Sie dienen als Ausgangspunkt für Ihr Unternehmen und helfen Ihnen bei der Bestimmung Ihrer aktuellen Position und Nachhaltigkeitswirkung. Sie ermöglichen außerdem die schnelle Erkennung etwaiger Schwachstellen in der organisatorischen Reife, zum Beispiel bei der Erfassung der notwendigen Daten. Schon dieser scheinbar kleine Nutzen ist wertvoll, da er Aufschluss über Verbesserungsbedarf gibt, während sich Ihr Unternehmen bereits in Richtung Nachhaltigkeit bewegt.
FALLSTUDIE: Getränkehersteller aus Nordamerika
Ein nordamerikanischer Getränkehersteller beauftragte uns damit, seine aktuelle Nachhaltigkeitsposition zu bestimmen, um mögliche Chancen aufzudecken und dadurch Wettbewerbsvorteile zu realisieren. Auf Grundlage der vorhandenen Daten entwickelten wir eine Baseline und verglichen die Produkte des Klienten mit denjenigen der Konkurrenz, um Informationen zum Materialverbrauch zu erhalten und Kategorien mit hohem Wirkungspotenzial zu identifizieren. In einem nächsten Schritt sammelten wir Informationen zu den Nachhaltigkeitsinitiativen, die der Klient in der Pipeline hatte – viele davon regionaler und isolierter Natur –, und strukturierten sie gemeinsam mit der für Unternehmensnachhaltigkeit zuständigen Funktion. Um unsere Basisdaten zu überprüfen und weitere Vorschläge für Nachhaltigkeitsinitiativen zu entwickeln, veranstalteten wir einen funktionsübergreifenden Ideen-Workshop nach dem Prinzip des „Moonshot Thinking“, zu dem externe Spezialisten eingeladen waren, darunter Materialwissenschaftler, Branchenvordenker und Vertreter von Fertigungs- und Nachhaltigkeitsunternehmen. Nach dem Baselining und der Ideenentwicklung hatte der Klient ein sehr viel besseres Verständnis von seiner Ausgangsposition und seinen strategischen Optionen. Gemeinsam konnten wir so eine Nachhaltigkeits-Roadmap mit einer konkreten Zeitschiene und einem Umsetzungsplan für die identifizierten Initiativen festlegen.
Grundlegende Nachhaltigkeitszertifizierung
Ergänzend zu den Auditierungen können Sie verschiedene Arten von Zertifizierungen anstreben, um Ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu stärken und nach außen zu vermitteln. Die einzelnen Zertifizierungen unterscheiden sich stark hinsichtlich Anforderungen, notwendigem Einsatz und Komplexität. Der hier vorgestellte Hebel deckt die gängigeren Basiszertifizierungen ab. Informationen zu den aktuell existierenden erweiterten Nachhaltigkeitszertifizierungen finden Sie im entsprechenden Abschnitt weiter unten in diesem Kapitel.
Generell können Sie entweder auf die Professionalisierung Ihrer Prozesse setzen und eine qualitätsorientierte Zertifizierung des Umweltmanagements anstreben (ISO 14001, Forest Stewardship Council, Rainforest Alliance und andere) oder sich für anerkannte Nachhaltigkeitsformate wie das Cradle-to-Cradle-Prinzip entscheiden, wo Ihre Produkte abhängig von der Nachhaltigkeitsperformance unterschiedlich hoch eingestuft werden. Darüber hinaus gibt es branchenspezifische Zertifizierungen wie MSC (Marine Stewardship Council) oder die Zertifizierung gemäß den EU-Rechtsvorschriften für den ökologischen Landbau, LEED (Leadership in Energy and Environmental Design) oder BREEAM (Building Research Establishment Environmental Assessment Methodology) für „grüne“ Gebäude sowie Label wie Fairtrade International, das fairen Handel und gerechte gesellschaftliche Strukturen unterstützt.
Um zertifiziert zu werden, müssen Sie Ihre Ziele, Daten und Fähigkeiten von einer externen Organisation prüfen und bewerten lassen. Damit dies keine enorme Zusatzarbeit für Ihr Unternehmen bedeutet, sollten Sie darauf achten, dass Ihre Kennzahlen von vornherein im Einklang mit der angestrebten Zertifizierung stehen. Entsprechend wichtig ist deswegen der oben beschriebene Hebel „Basisdaten zur Nachhaltigkeit“. Falls Datenlücken festgestellt werden, schließen Sie diese, bevor Sie sich externe Prüfer ins Haus holen. Eine Basiszertifizierung hat den weiteren Vorteil, dass sie Ihnen zumindest teilweise Aufschluss über die Validität Ihrer Baseline gibt.
Auch wenn Zertifizierungen mit viel zusätzlicher Arbeit verbunden sind, überwiegt ihr Nutzen. Ihr Unternehmen erfährt, wie gut Ziele, KPIs und Systemstrukturen in der Lage sind, eine gelungene Nachhaltigkeitstransformation zu unterstützen. Eine erfolgreiche Zertifizierung kann zudem die Moral der beteiligten Teams spürbar steigern und dazu dienen, das Nachhaltigkeitsstreben des Unternehmens nach außen zu kommunizieren, Transparenz zu beweisen und die eigene Glaubwürdigkeit zu erhöhen. Nicht zuletzt offenbaren Zertifizierungen, wo Entwicklungsbedarf besteht und weitere Anstrengungen vonnöten sind.
Kennzahlbasierte Datenbank
Nachdem Sie die Entwicklung von Zielen und Baseline-Daten in Angriff genommen haben, besteht die nächste Aufgabe in der Schaffung einer Datenbank, die Fortschritte erfasst, analytische Schlussfolgerungen koordiniert, eine ganzheitliche Sichtweise bereitstellt und Rückschlüsse auf Verbesserungsbedarf erlaubt. Da die Bereitschaft digitaler Systeme unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann, sollten Sie eine Reihe von Schritten durchlaufen, um Unternehmensaufstellung und Systemunterstützung festzulegen.
Erfolgreiche Beispiele aus unserer Praxis zeigen, dass dieser Prozess mit der Definition der Befehlskette beginnen kann. Es ist von größter Bedeutung, vorab zu entscheiden, wer die Daten erfasst, wer für ihre Analyse zuständig ist und wer für die kontinuierliche Verbesserung und Systemunterstützung sorgt – auch und gerade dann, wenn die Daten beispielsweise nicht den Erwartungen entsprechen. Je nach Gegenstand können diese Verantwortlichkeiten entweder einem Experten (zum Beispiel für Vertrieb und/oder Einkauf) oder einer Gruppenfunktion (zum Beispiel der Buchhaltung) übertragen werden, der beziehungsweise die bereits für die Datenerfassung verantwortlich ist. Alternativ können Expertenfunktionen (zum Beispiel eine eigene Nachhaltigkeitsabteilung) eingerichtet werden, um die Erfassung und Kalibrierung der Daten zu steuern.
Wofür auch immer Sie sich entscheiden: Achten Sie darauf, dass Kennzahlen in vorhandene Tools wie ERP- und/oder CRM-Systeme integriert werden und im gesamten Unternehmen problemlos und transparent vermittelbar sind. Bei der Arbeit mit unseren Klienten konnten wir beobachten, dass die intensive Nutzung von Excel-Tabellen zu mangelnder Unterstützung im Unternehmen führt, da dieses Format wenig transparent ist. Mehr Wissen und umfangreichere Kenntnisse spielen eine zentrale Rolle bei der Überwindung dieser Hürde und der Erzielung von langfristigem Erfolg.
Die Qualität der Daten erhöht sich üblicherweise, wenn Ihr Unternehmen nach und nach Erfahrungen sammelt und lernt, wie der Umgang mit kritischen KPIs am besten erfolgen sollte. Auditierungen und Berichte werden so immer präziser und vergleichbarer, was wiederum zu mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten führt und einen schnelleren Transformationsprozess ermöglicht.
Nachhaltigkeits-KPIs
Bei der Definition grundlegender KPIs sollten Sie damit beginnen, verfügbare Datensätze auf finanzielle, ökologische und soziale Effekte zu untersuchen. Nachdem dies erfolgt ist, vergleichen Sie die Ergebnisse mit den gesetzlichen Anforderungen, denen Ihr Unternehmen genügen muss. Anhand dieser Analyse erhalten Sie Schlüsselindikatoren, die regelmäßig nachverfolgt werden müssen.
KPIs können auf Unternehmens-, Bereichs- und Funktionsebene angewendet werden, da sie verschiedene Arten von Fortschritten erfassen sollten, die zu erzielen sind. Dabei besteht eine Herausforderung in der Harmonisierung von Daten und Perspektiven sowie der Festlegung von Rechenschaftspflichten und Verantwortung. Wenn Sie zum Beispiel eine KPI definieren, die den Prozentsatz an erneuerbarer Energie misst, sollte auch klar sein, ob das Einkaufs- oder das Operations-Team für die Zielerreichung verantwortlich ist. Zu Beginn der KPI-Definition müssen Sie Analysetools bestimmen, die Verantwortung für Prozesse, Daten und Tools klären sowie Reporting-Mechanismen und Empfängergruppen festlegen.
Je nach Nachhaltigkeitsstrategie können KPIs auch Partner in der vor- oder nachgelagerten Wertschöpfungskette umfassen. Wenn es beispielsweise um die Einhaltung Ihres Verhaltenskodex durch Lieferanten geht, könnten die betreffenden KPIs deren Ratifizierungsquote oder Compliance-Niveau messen. KPIs müssen vergleichbar sein und sollten daher immer auf dieselbe Art und Weise mit derselben Methodik erfasst werden. Idealerweise sind Ihre grundlegenden KPIs auf die generelle strategische Ausrichtung des Unternehmens abgestimmt, da dies die Unterstützung durch das Management fördert und den Wirkungsgrad erhöht.
Trade-off Guidelines
Am Anfang einer Nachhaltigkeitstransformation stehen zwangsläufig Abwägungen und Kompromisse. Womöglich gibt es einen Widerspruch zwischen dem finanziellen und/oder operativen Spielfeld auf der einen und vorgegebenen Nachhaltigkeitszielen auf der anderen Seite, sodass das Management eine Prioritätenliste festlegen muss.
Um diesem Dilemma entgegenzuwirken, empfehlen wir die Entwicklung von Trade-off Guidelines, die soziale, ökologische und ökonomische Aspekte berücksichtigen. Je nach Branche wollen und müssen Sie bestimmte Faktoren womöglich stärker gewichten als andere. Wenn die Umstellung auf nachhaltigere Rohstoffe zum Beispiel höhere Kosten verursacht, müssen Sie eventuell sowohl Ihre Preispolitik als auch die Marketing- und Kommunikationsstrategie gegenüber Kunden und Shareholdern verändern.
Der hier beschriebene Hebel erleichtert Entscheidungsprozesse und hilft Ihnen bei Interessenkonflikten dabei, Prioritäten zu setzen, die sich an den wichtigsten Geschäftsfeldern Ihres Unternehmens orientieren. Dabei müssen Sie eine ganze Reihe von Anforderungen wie Rentabilität, Vorlaufzeit, öffentliche Meinung und Verbraucherakzeptanz gegeneinander abwägen. Für das Beschaffungswesen könnten Sie Lieferantenrichtlinien entwickeln, die festlegen, dass mindestens x Prozent der Lieferanten anspruchsvolle Nachhaltigkeitskriterien erfüllen müssen. So könnten Sie zum Beispiel vorgeben, dass 80 Prozent der Lieferanten über einen Verhaltenskodex verfügen und diesen konsequent einhalten müssen. Eine weitere Richtlinie könnte vorschreiben, dass ein nachhaltigeres Material eingesetzt werden muss, wenn es den Gewinn um weniger als x Prozent mindert. Richtlinien können auch Diversitätsaspekte betreffen, zum Beispiel in Form eines Mindestprozentsatzes für Neueinstellungen. So könnte beispielsweise für ein bestimmtes Jahr eine Behindertenquote von mindestens x Prozent festgelegt werden.
Interne Nachhaltigkeitsfinanzierung
Dieser Hebel trägt der Tatsache Rechnung, dass engagierte Mitarbeiter unverzichtbar sind, um eine echte Nachhaltigkeitskultur zu etablieren. Wir empfehlen die Schaffung einer internen Finanzausstattung für Nachhaltigkeitsaufgaben, um die Innovationskraft innerhalb des Unternehmens zu stärken und die Beschäftigten zu ermutigen, von sich aus nach mehr Nachhaltigkeit zu streben.
Je nach Unternehmensstruktur können diese Mittel auf funktionaler Ebene (Abteilung) oder geografischer Ebene (Standort) angesiedelt sein. Dabei können Sie ein Finanzierungsprogramm entwickeln, das sowohl auf konkrete Aufgaben als auch auf eine generelle Nachhaltigkeitsförderung abzielt.
Beschäftigte können sich per einfachem Antrag um eine Finanzierung bewerben, indem sie ihre Idee, den Finanzbedarf und die erwartete Auswirkung beschreiben. Zur Ideengenerierung kommen Events wie beispielsweise Hackathons oder fortlaufende Initiativen infrage, die zum Beispiel den regelmäßigen Kontakt mit den Gemeinschaften vor Ort suchen. Je nach Höhe der bereitgestellten Mittel entscheiden lokale Manager oder globale Nachhaltigkeitsverantwortliche darüber, welche Ideen und Vorschläge finanziell unterstützt werden. Finanzierungsinitiativen haben einen äußerst positiven Effekt auf Mitarbeiterbindung und -gewinnung sowie Innovationswahrnehmung. Durch die Einreichung ihrer Ideen und Vorschläge, erhalten die Beschäftigten das Gefühl, sich entfalten und verwirklichen zu können.
FALLSTUDIE: BASF
Der deutsche Chemieriese möchte seine Beschäftigten über Schulungen, die Entwicklung und Anpassung von Geschäftsprozessen sowie durchdachte Anreizprogramme zu mehr Engagement und Bewusstsein anregen. Über eigens eingerichtete Kanäle pflegt das Unternehmen den Dialog mit Beschäftigten und anderen Stakeholdern, erfährt ihre Meinungen und Bedenken und kann Whistleblower schützen.
Über die BASF Stiftung als unabhängige Non-Profit-Organisation unterstützt das Unternehmen Projekte, die es gemeinsam mit verschiedenen UN-Organisationen und NGOs durchführt. Neben finanziellen Zielen setzt sich die BASF auch immaterielle Aufgaben wie Klimaschutz, ein nachhaltiges Produktportfolio, eine verantwortungsvolle Beschaffung und ein hohes Maß an Mitarbeiterengagement, um den Konzern in eine nachhaltige Zukunft zu führen.
Nachhaltige Initiativen
Mit diesem Hebel gehen Sie über die Grenzen Ihres Unternehmens und Ihrer direkten Partner hinaus und lancieren nachhaltige Initiativen. Im Unterschied zur internen Nachhaltigkeitsfinanzierung handelt es sich hierbei nicht um ein Budget, das verwendet werden kann, wenn interne Prozesse eine umsetzbare Innovation aufgezeigt haben. Vielmehr handelt es sich um ein äußerst zielgenaues und bewusstes externes Sponsoring von Initiativen, die zentrale Herausforderungen angehen.
Dabei bezeichnet dieser Hebel alle Arten von Initiativen, die Nachhaltigkeit in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang anstreben. Dies können Initiativen mit einem sozialen Bezug sein, bei denen Sie lokale Gemeinschaften bei der Lösung eines konkreten Problems unterstützen und sich an einer sinnvollen Debatte beteiligen, die Sympathien verschafft und Ihren Beschäftigten ein zusätzliches Gefühl der Sinnhaftigkeit vermittelt. Genauso gut kann es sich um ökologische Initiativen handeln, die auf die Einhaltung von Reduktionszielen, die Bewahrung von Lebensräumen oder den Schutz bedrohter Arten abzielen. All diese Initiativen benötigen eine angemessene Ausstattung mit Mitteln und Ressourcen, um sachgemäß durchgeführt zu werden. Wer hier zu viel verspricht und zu wenig einhält, riskiert seinen guten Ruf in der Öffentlichkeit. Ein eigens zuständiger Projektmanager oder -verantwortlicher aus dem Nachhaltigkeitsteam trägt dazu bei, diese Initiativen zum Erfolg zu führen.
FALLSTUDIE: Kearney
Im Rahmen unseres Social Impact Externship Program arbeiten Berater, die sich mit Leidenschaft für positive Veränderungen einsetzen, Hand in Hand mit sozialen Unternehmen, NGOs und anderen innovativen Organisationen und Firmen, die dasselbe Ziel verfolgen. Externe Teilnehmer können bis zu drei Monate mit diesen Partnern zusammenarbeiten, um ihr berufliches Können für eine sinnvolle und gute Sache einzusetzen, neue Fähigkeiten in einer dynamischen, unternehmerisch geprägten Umgebung zu erwerben und direkte Erfahrungen im Social-Impact-Sektor zu sammeln. So unterstützte unser Programm zum Beispiel die Nichtregierungsorganisation Forever Sabah dabei, die Machbarkeit einer erneuerbaren Energieversorgung im malaysischen Bundesstaat Sabah zu untersuchen. Forever Sabah ist eine zivilgesellschaftliche Organisation, die den Übergang des Bundesstaats zu einer diversifizierten, gerechten und am Kreislaufgedanken ausgerichteten Wirtschaft unterstützen möchte. Die vor Ort gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse sollen kooperativ und sektorübergreifend an Dritte weitergegeben werden.
Das Projekt strebt an, die ländlichen Regionen des Bundesstaats vollständig zu elektrifizieren und die Erzeugung erneuerbarer Energien zu steigern. Bei der Zusammenarbeit mit Forever Sabah nutzten wir einen zweiteiligen Ansatz. Zum einen simulierten wir die jährlichen Kosten einer Einführung von erneuerbaren Energieversorgungssystemen unter Verwendung von HOMER (Hybrid Optimization of Multiple Energy Resources). Zum anderen führten wir Umfragen unter wichtigen Regierungsbehörden und Non-Profit-Akteuren durch, um Aufschluss über die Gesamtsituation und die größten Herausforderungen zu erhalten. Unsere Studie unterstützte Forever Sabah bei der Realisierung ihrer Ziele und entwickelte eine beträchtliche soziale und ökologische Wirkung. Zugleich erhielten unsere Berater die Chance, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zum Wohle der Gesellschaft einzusetzen.
Nachhaltigkeitsbezogene Vergütung
Heutige Managementteams orientieren sich oft an einem strikten Anreizschema, das an den übergeordneten Geschäftszielen ausgerichtet ist und diese unterstützt. Mit zunehmender Bedeutung der Nachhaltigkeit für die Realisierung von Unternehmensstrategien müssen Vergütungsmodelle jedoch an die veränderten Gegebenheiten angepasst werden. Die Vergütung muss der neuen Situation Rechnung tragen und die Erkenntnisse aus fundierten, quantifizierbaren Daten nutzen, um Anreizsysteme in eine andere, weniger einseitige Richtung zu steuern.
Der hier beschriebene Hebel hat zum Ziel, Vergütungsschemata enger an die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen zu binden. Veränderungen beginnen ganz oben. Entsprechend wichtig ist es, mit Blick auf die Nachhaltigkeit adäquate Vergütungsschemata für das obere und mittlere Management festzulegen. Dabei sollten verschiedene Bereiche wie Sicherheit, Umweltschutz und Governance berücksichtigt werden. Idealerweise fließen Nachhaltigkeitskennzahlen in die Bemessungsstrukturen ein. Die Vergütung sollte nicht nur an kurzfristige Verbesserungen gebunden sein, sondern vielmehr die Verantwortung für eine langfristige Nachhaltigkeitsperformance des Unternehmens widerspiegeln. Dies ist besonders wichtig für das mittlere Management, wo häufig die größten Bedenken gegenüber Nachhaltigkeitsmaßnahmen bestehen. Während die Geschäftsleitung die Nachhaltigkeitsvision und -verpflichtung normalerweise ins Unternehmen hineinträgt und die „einfachen“ Beschäftigten mehr Nachhaltigkeit meist positiv finden, wird das mittlere Management nach seiner Fähigkeit beurteilt, effizient und unter Einhaltung der Kostenziele zu handeln. Nachhaltigen Innovationen steht es daher oft kritisch gegenüber. Wenn es Ihnen daher gelingt, Nachhaltigkeit auch für diese Führungskräfte zu einer Priorität zu machen, indem Ziele und Fortschritte an ihre Vergütung geknüpft werden, können Sie mehr Unterstützung und Engagement durch diese Personengruppe erreichen.
FALLSTUDIE: Alcoa
Der US-amerikanische Aluminiumhersteller Alcoa macht die Vergütung der Unternehmensmanager von ihrer Nachhaltigkeitsperformance abhängig. Ein bestimmter Prozentsatz der jährlichen leistungsorientierten Vergütung ist an die Förderung von Geschlechtergleichheit und Diversität in Führungspositionen sowie an die Einstellung von Frauen auf allen Ebenen des Unternehmens gebunden. Auf diese Weise unterstreicht Alcoa die Rechenschaftspflicht, sorgt für mehr Tempo und misst die erzielten Fortschritte. 2020 waren 30 Prozent der jährlichen leistungsbezogenen Vergütung an nicht finanzielle Kennzahlen geknüpft, die an Zielen zu Geschlechterdiversität, Umwelt sowie Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz ausgerichtet waren.
Auditierungen
Auditierungen werden den Unternehmen häufig von außen auferlegt und sind – mit Ausnahme von Lieferanten-Audits – nur selten ein proaktives Nachhaltigkeitsinstrument. Börsennotierte Unternehmen einer bestimmten Größe müssen ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen; ihre Audits werden vom beauftragten Wirtschaftsprüfer genehmigt. Hier dienen die ESG-Kriterien als Leitfaden, der Finanzinstitutionen bei ihren Anlageentscheidungen unterstützt. Auditierungen sind ein Element einer guten Unternehmensführung und können auch Zertifizierungen wie beispielsweise ISO-Normen beinhalten, die als Qualitätsnachweis dienen. Bestimmte Kundengruppen benötigen Audits für die Teilnahme an Ausschreibungsverfahren. So müssen potenzielle IKEA-Lieferanten dem IWAY-Standard des schwedischen Möbelriesen entsprechen (siehe Fallstudie).
Auditierungen durch externe Dienstleister erfordern grundlegende Reporting-Routinen in dem geprüften Unternehmen. Dazu zählt beispielsweise die Erfassung von Daten zu Mitarbeiterzufriedenheit, Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit sowie Diversität. Ihre Aufgabe besteht darin, konkrete Anforderungen erfolgreich abhaken zu können; sie leisten aber keinen Beitrag zur strategischen Entwicklung des Unternehmens.
FALLSTUDIE: IKEA Um eine Geschäftsbeziehung mit IKEA einzugehen, müssen sich Lieferanten zur Einhaltung des IWAY-Standards verpflichten, dem hauseigenen Verhaltenskodex von IKEA. Der IWAY-Standard hat zum Ziel, innerhalb der Wertschöpfungskette des Unternehmens positiven Einfluss auf die Umwelt zu nehmen, sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitnehmer sicherzustellen, die Rechte von Kindern zu schützen und einen ethischen Umgang mit Tieren zu erreichen. Diese vier Grundpfeiler stützen sich auf zehn Anforderungen, die zwingend erfüllt sein müssen, darunter der Schutz von Arbeitnehmerrechten, die Einhaltung von Vorschriften für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz sowie die schonende Nutzung von Ressourcen. IKEA führt regelmäßige Audits durch, um sicherzustellen, dass seine Lieferanten die Anforderungen in der Praxis umsetzen. Zu diesem Zweck stellt das Unternehmen eine Audit-Checkliste bereit, die den Lieferanten als Hilfestellung und Orientierung dient.
Verhaltenskodex
Der Verhaltenskodex ist einer der wichtigsten Ausweise für den Nachhaltigkeitsanspruch eines Unternehmens. Im Idealfall bildet er das mentale Gerüst der Unternehmenskultur und beschreibt diverse Aspekte des Modus Operandi. Der Verhaltenskodex ist eine zentrale Anforderung für börsennotierte Unternehmen und definiert operative Grundsätze und Standards gegenüber Key Stakeholdern, von Beschäftigten bis hin zu Lieferanten. Er ist häufig relativ formalistisch, da er dazu dient, wichtige Punkte „abzuhaken“ (zum Beispiel Aussagen zur Bedeutung der natürlichen Umwelt). Andererseits kann aus dem Verhaltenskodex oft sehr gut abgelesen werden, welche Linie das Unternehmen insgesamt fährt. Der Verhaltenskodex bildet die Basis für ausführlicher definierte Strategien sowie für konkrete Zielvorgaben und KPIs. Wenn Sie sich in Ihrem Verhaltenskodex als Anhänger des Nachhaltigkeitsgedankens präsentieren, sollten Ihre Strategien, Zielvorgaben und KPIs dies glaubhaft widerspiegeln.
Ein Verhaltenskodex kann mehrere Aufgaben übernehmen. Gegenüber externen Stakeholdern wie Behörden, Banken, Kunden und Finanzmärkten kann er darlegen, dass das Unternehmen ein solides Geschäftsgebaren pflegt. Nach außen kann er dazu dienen, Toptalente zu gewinnen und die Markenwahrnehmung zu stärken. Die bei Weitem wichtigste Frage ist jedoch, wie der Verhaltenskodex auf Partner entlang der Lieferkette angewendet wird. In vielen Fällen ist er die Voraussetzung für die Teilnahme an Ausschreibungsverfahren, wobei die konkreten Anforderungen durch den Kunden vorgegeben werden. In anderen Fällen kann er Ihnen als eine Art Rückversicherung dafür dienen, dass in der vorgelagerten Wertschöpfungskette angesiedelte Lieferanten dieselben ethischen Grundsätze beachten wie Ihr eigenes Unternehmen.
Wie auch immer Sie ihn verwenden: Der Verhaltenskodex ist kein Dokument, das für immer festgeschrieben wird. Vielmehr sollten Sie ihn regelmäßig überprüfen, um fortlaufend neue Anforderungen aufzunehmen.
FALLSTUDIE: Procter & Gamble
Das Worldwide Business Conduct Manual von Procter & Gamble definiert die globalen Standards, die Beschäftigte bei ihrer täglichen Arbeit beachten müssen, um im Einklang mit Zweck, Werten und Prinzipien des Konzerns zu handeln. Das Handbuch bietet klare Anleitungen zu konkreten Situationen, mit denen die Beschäftigten konfrontiert werden können, beschreibt zulässige Verhaltensweisen und benennt Ansprechpartner für mögliche Fragen oder Bedenken.
Für P&G ist langfristiger Erfolg nur dann erreichbar, wenn jeder Beschäftigte den Zweck, die Werte und die Prinzipien des Konzerns bei seiner täglichen Arbeit respektiert und beachtet. Dahinter steht der Anspruch, Kunden, Verbrauchern, Beschäftigten und Geschäftspartnern gleichermaßen zu beweisen, dass Worte und Taten miteinander in Einklang stehen.
Nachhaltigkeitsvision
Eine Nachhaltigkeitsvision beschreibt, wie Ihr Unternehmen mit Blick auf seine Ambitionen wahrgenommen werden möchte. Sie ist ein schriftlich fixierter Anspruch, der oft allgemein formuliert ist, um Raum für verschiedene Ziele und KPIs zu lassen. Eine Nachhaltigkeitsvision sollte zwei zentrale Fragen beantworten:
- Welches Ambitionsniveau streben Sie an (wollen Sie beispielsweise als Leader wahrgenommen werden)?
- Wie sollen Ihre Nachhaltigkeitsmaßnahmen von Key Stakeholdern wahrgenommen werden?
Für die Umsetzung einer Nachhaltigkeitsvision wird üblicherweise ein Zeitrahmen von fünf Jahren veranschlagt. Ein solches Zieldatum ist nicht so weit entfernt, dass es aus dem Blick gerät, und nahe genug, um sich vorstellen zu können, wie der Nachhaltigkeitsstatus des Unternehmens dann aussehen könnte. Die Formulierung einer überzeugenden Nachhaltigkeitsvision ist schwierig. Ehrgeizige Versprechungen müssen im Tagesgeschäft umgesetzt werden, um Key Stakeholder davon zu überzeugen, dass die Vision mehr ist als nur schöne Worte.
Die Abstimmung der übergeordneten Unternehmensvision und -strategie mit der Nachhaltigkeitsvision ist ein entscheidender erster Schritt, um interne Unterstützung für mehr Nachhaltigkeit zu erlangen. Engagement seitens des Top-Managements ist der zweite wichtige Schritt, und die proaktive Verbreitung der Nachhaltigkeitsvision auf allen unternehmenseigenen Kommunikationskanälen ist ein weiterer.
Aus unserer Praxis wissen wir, dass die Nachhaltigkeitsvision eines Unternehmens eine entsprechende Kultur in allen operativen Prozessen verankern kann. Sobald Nachhaltigkeit zum Unternehmensziel erklärt wird, müssen alle Funktionen überlegen, wo sie stehen und wie sie dazu.
Bereichsspezifische Ziele
Nachdem Sie Ihre übergeordneten Ziele und KPIs definiert haben, müssen Sie diese in eine Reihe von Teilzielen übersetzen, die sich am Ist-Zustand der verschiedenen Unternehmensebenen orientieren. Mit einer optimierten Unternehmensbereitschaft ist es sehr viel einfacher, den Zusammenhang zwischen übergeordneten Zielen und bereichsspezifischen Ambitionen anschaulich darzustellen. Wenn Ihr übergeordnetes Ziel zum Beispiel Klimaneutralität bis 2030 lautet, sollten Sie dieses Ziel mit Blick auf Reise- und andere Geschäftstätigkeiten in messbare Teilziele untergliedern, die auf Funktions- und Bereichsebene angesiedelt sind.
Die Bedeutung dieses Hebels liegt in der Definition klarer Rollen und Verantwortlichkeiten sowie in der Rechenschaftspflicht, die dem Management auferlegt wird. Wir empfehlen, auf möglichst vielen relevanten Unternehmensebenen geeignete Teilziele festzulegen. Wenn Ihre übergeordneten Ziele zu wenig mit den Erfordernissen des Tagesgeschäfts zu tun haben, lässt sich der notwendige Rückhalt für die Transformation nur schwer erlangen.
Entsprechend wichtig ist es, dass Sie in jedem Bereich Mitarbeiter oder Teams benennen, die für diese Ziele verantwortlich sind, die Daten zuverlässig erfassen und sie priorisieren. Um ihre Erreichbarkeit sicherzustellen, sollten die Ziele zu bestimmten Zeitpunkten bestimmte Aktionen auslösen. Im Idealfall sind sämtliche Teilziele effizient aufeinander und auf die übergeordneten Nachhaltigkeitsziele abgestimmt, um zu gewährleisten, dass sie der Nachhaltigkeitsvision des Unternehmens entsprechen.
Dialog mit Regulierungsbehörden
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen zur Nachhaltigkeit verändern sich fortlaufend. Aus diesem Grund legt dieser Hebel den Fokus auf einen regelmäßigen Dialog mit den für Sie zuständigen Regulierungsbehörden. Ein solcher Dialog kann die Nachhaltigkeitsentwicklung Ihrer Branche insgesamt beschleunigen. Er kann aber auch dazu beitragen, dass etwaige neue Gesetze und Vorschriften effektiv sind und Wirkung entfalten, ohne Ihre Geschäftspraktiken über Gebühr zu beeinträchtigen. Kleinere Unternehmen nutzen in der Regel einen Branchenverband für die Interessenvertretung, während Großunternehmen häufig über eigene Ressourcen verfügen oder Dritte beschäftigen, um den Kontakt mit Regulierern zu halten.
Nach unserer Einschätzung unterstreicht ein proaktiver Ansatz Ihren Führungsanspruch, verschafft Ihnen frühzeitige Einblicke in regulatorische Veränderungen und wirkt vertrauensfördernd. Gerade Letzteres kann sich in schwierigen Zeiten als nützlich erweisen. Der hier beschriebene Hebel entspricht in weiten Teilen der traditionellen Lobbyarbeit, die in der Vergangenheit oft dafür genutzt wurde, strengere Vorschriften zu verhindern und ganze Branchen von Nachhaltigkeitstrends abzukoppeln. Unternehmen sollten daher genau überlegen, wie sie ihren Dialog mit Regulierungsbehörden gestalten und gegenüber der Öffentlichkeit kommunizieren, um Missverständnisse tunlichst zu vermeiden.
Chief Sustainability Officer
Die Benennung eines Chief Sustainability Officers (CSO) ist ein wichtiger Hebel, um sicherzustellen, dass die Nachhaltigkeitstransformation die nötige Aufmerksamkeit und Ressourcenausstattung erhält. Sie signalisiert Key Stakeholdern, dass Nachhaltigkeit auf der höchsten Entscheidungsebene des Unternehmens prioritär behandelt wird. Ein ganz anderes Signal wird gesendet, wenn der Nachhaltigkeitsverantwortliche dem VP Kommunikation oder Marketing berichtet, wie dies in vielen Unternehmen immer noch der Fall ist.
Die Ernennung eines CSO ist jedoch nur der erste von vielen Schritten. Um erfolgreich zu sein, müssen Sie vorab Ziele definieren und interne Berichtslinien definieren. Auch die Freiheit, die der neuen Funktion eingeräumt wird, sowie die ihr zugewiesenen Ressourcen und Mittel müssen geklärt werden. Da am Vorstandstisch ein neuer C-Level sitzt, sollten auch mögliche Konflikte im Spannungsfeld mit Operations, Einkauf, HR und Finanzen berücksichtigt werden.
Grundsätzlich sollten Sie darauf achten, dass die Position eines Chief Sustainability Officers mehr als nur ein PR-Statement ist nach dem Motto: „Wir sind nachhaltig, weil wir einen CSO haben.“ Der CSO sollte vielmehr exekutive Befugnisse haben und in alle nachhaltigkeitsbezogenen Entscheidungen eingebunden sein. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, kann die neue Position ihre Entscheidungsfähigkeit in Sachen Nachhaltigkeit unterstützen, Ihre Reputation als Vorreiter stärken und Ihre Nachhaltigkeitsperformance insgesamt verbessern.
FALLSTUDIE: Apple & UBS
Der iPhone-Hersteller Apple und die Schweizer Großbank UBS nutzen die Ernennung eines CSO und Head of Sustainability, um Key Stakeholder auf die Bedeutung der Nachhaltigkeit aufmerksam zu machen. Der CSO ist für die Minimierung der Umweltauswirkungen des Unternehmens zuständig und setzt sich für die Nutzung erneuerbarer Energien ein, um den Klimawandel zu bekämpfen. In beiden Unternehmen verfügt der CSO über umfassende Kenntnisse und Erfahrungen im Nachhaltigkeitsbereich und überwacht alle damit zusammenhängenden Aktivitäten, Sachverhalte und Projekte. Er fungiert als zentraler Enabler für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie und nutzt seine starke Position, um erheblichen Einfluss auf die Nachhaltigkeitsprogramme des Unternehmens auszuüben.
Nachhaltigkeitsausschuss
Durch ihre bereichsübergreifende Relevanz bietet sich Nachhaltigkeit geradezu an, um einen internen Ausschuss zu bilden. Die Mitglieder eines solchen Nachhaltigkeitsausschusses können die laufenden Aktivitäten innerhalb des Unternehmens widerspiegeln und als Sondierungsgremium für die Umsetzung der nächsten Schritte durch die Geschäftsleitung fungieren. Wir empfehlen eine möglichst breit gestreute Zusammensetzung aus verschiedenen Unternehmensebenen, Funktionen und Regionen. Damit ein Nachhaltigkeitsausschuss erfolgreich arbeiten kann, benötigt er eine klar definierte Roadmap, die sich an der übergeordneten Unternehmensstrategie orientiert. Für die Besetzung eines solchen Ausschusses gibt es keine allgemeingültigen Regeln. So müssen in manchen Ländern womöglich Gewerkschaftsvertreter in den Ausschuss berufen werden, wodurch sich seine Ausrichtung verändern kann. Ein Nachhaltigkeitsausschuss wird üblicherweise von einem Mitglied der Geschäftsleitung geführt und ist eine Mischung aus Arbeitsgruppe und Entscheidungsgremium. Die Entscheidungen seiner Mitglieder stützen die Unternehmensstrategie, während die Resultate neue Ideen für weitere strategische Nachhaltigkeitsinitiativen erzeugen.
Die Mitgliedschaft in einem Nachhaltigkeitsausschuss wird zusätzlich zu den normalen Aufgaben und Zuständigkeiten übernommen. Überlegen Sie sorgfältig, wie Sie die Ausschussmitglieder motivieren wollen, um zu verhindern, dass nach dem anfänglichen Enthusiasmus Frustration einkehrt und das Engagement schwindet
FALLSTUDIE: Samsung
2021 richtete der südkoreanische Elektronikkonzern einen Nachhaltigkeitsausschuss ein, um das Management von ESG-Kriterien und Shareholder Value nachhaltiger zu gestalten. Der zweimal im Jahr tagende Ausschuss muss mit mindestens drei unabhängigen Vertretern der Unternehmensleitung besetzt sein. Zu seinen Aufgaben gehören das Nachhaltigkeitsmanagement sowie die zugehörigen Schlüsselstrategien und Richtlinien. Seine Mitglieder beteiligen sich außerdem an der Erstellung des jährlichen Nachhaltigkeitsberichts und bearbeiten Aufgaben, die ihnen der Vorstand überträgt. Der Ausschuss fördert das Nachhaltigkeitsbewusstsein sowohl von C-Levels als auch von Aktionären.
Dediziertes Schulungsprogramm
Für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitstransformation muss das innerbetriebliche Engagement über einen langen Zeitraum hinweg aufrechterhalten werden. Ihr Unternehmen kann den Wandel unterstützen, indem es ein dediziertes Schulungsprogramm zum Thema Nachhaltigkeit auflegt. Mit diesem Hebel kann Ihr Unternehmen den internen Zielgruppen vermitteln, dass es zur Realisierung seiner Vision in seine Mitarbeiter investiert, indem Schulungen zu allgemeinen Nachhaltigkeitsfähigkeiten und handlungsorientierten Vorgehensweisen angeboten werden.
Ein solches Schulungsprogramm sollte über die traditionellen Aufgaben der Vermittlung von Kenntnissen, Fähigkeiten und Einstellungen hinausgehen. Es sollte auch den Gedanken der ökonomischen Nachhaltigkeit fördern und aufzeigen, wie Nachhaltigkeit zu den übergeordneten strategischen Zielen beitragen kann. Wenn das Programm strategische Bewusstseinsschaffung mit der Vermittlung konkreter Fähigkeiten verbindet, erhalten Sie eine solide Plattform, auf die Sie die Nachhaltigkeit des Unternehmens insgesamt stützen können.
Als Befürworter einer Kombination aus System- und strategischen Fertigkeiten plädieren wir für Querschnittskompetenzen, um systemorientiertes Denken, antizipatorische, normative und strategische Kollaboration, kritische Einstellung, Selbstbewusstsein und integrierte Problemlösungsfertigkeiten zu ermutigen.
Die Schulungen sollten von einem unternehmenseigenen Nachhaltigkeitsteam durchgeführt werden und für alle relevanten Beschäftigten obligatorisch sein. Als Resultat des Schulungsprogramms sind die Teammitglieder fortlaufend in Nachhaltigkeitsinitiativen involviert und verfügen über alle notwendigen Voraussetzungen, um eigene Verbesserungsbeiträge zu leisten.
Juristische Compliance
Die Einhaltung gesetzlicher Standards gilt als absolute Mindestvoraussetzung für einen Nachhaltigkeitsansatz. Abhängig vom Geschäftsfeld eines Unternehmens fallen diese Standards sehr unterschiedlich aus. Vorgaben, die in manchen Ländern als streng gelten, erreichen anderswo manchmal kaum das gesetzliche Minimum. Da multinationale Konzerne diese Unterschiede berücksichtigen müssen, bleibt wenig Raum für einen einheitlichen Ansatz. Die zehn Prinzipien des UNGC sind ein guter Ausgangspunkt, um die vorhandenen Unternehmenspraktiken anhand eines weltweit anerkannten Rahmenwerks zu überprüfen, das eine harmonisierte Corporate Governance vorsieht. Mit solchen Audits lassen sich Schwachstellen ermitteln und Aktionspläne entwickeln, um Probleme zu beheben und eine durchgehende Compliance sicherzustellen.
Als weitere Faustregel gilt: Bei einer Geschäftstätigkeit in Schwellenländern empfiehlt es sich, mehr als nur die gesetzlichen Mindestanforderungen zu erfüllen. Auch wenn die Vorgaben dort vielleicht weniger strikt sind, könnten Verbraucher und andere Stakeholder im Heimatmarkt an beide Regionen dieselben hohen Compliance-Maßstäbe anlegen. So sahen sich einige Textilhersteller zum Beispiel gezwungen, weit über die Vorschriften hinauszugehen, die für ihre internationalen Produktionsstätten in Übersee gelten, um signifikante Reputations- und Umsatzverluste in ihren Heimatmärkten zu vermeiden.
FALLSTUDIE: Europäische Gesetzgebung zur Achtung von Menschenrechten und Umweltschutz in globalen Wertschöpfungsketten
Anfang 2022 legte die Europäische Union einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen vor, die innerhalb der EU tätig sind. Der Vorschlag zielt darauf ab, ein nachhaltiges unternehmerisches Verhalten in den Wertschöpfungsketten zu fördern, und verpflichtet die Unternehmen dazu, die Ausbeutung von Arbeitnehmern, Kinderarbeit, Umweltverschmutzung und den Verlust an biologischer Vielfalt zu ermitteln und erforderlichenfalls zu verhindern, abzustellen oder zu vermindern. Neben den sozialen Aspekten soll auch erreicht werden, dass Unternehmensstrategien im Einklang mit den Zielvorgaben des Pariser Klimaabkommens stehen, die eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius vorsehen. Der Richtlinienvorschlag gilt für alle Gesellschaften mit einem Nettoumsatz von mindestens 150 Millionen Euro und mindestens 500 Beschäftigten, soll zwei Jahre später jedoch auch Gesellschaften mit einem Nettoumsatz von mindestens 40 Millionen Euro und mindestens 250 Beschäftigten erfassen. Die Richtlinie geht damit weit über die gegenwärtigen Bestimmungen auf Länderebene hinaus.
Die Problematik besteht darin, dass die neue EU-Richtlinie nicht nur „für die Unternehmen selbst, sondern auch für ihre Tochtergesellschaften und die Wertschöpfungsketten (direkt und indirekt bestehende Geschäftsbeziehungen)“ gilt. Dies bedeutet, dass EU-Unternehmen (und in der EU tätige Unternehmen) für die Handlungen ihrer Partner in der Wertschöpfungskette verantwortlich sind. Für die Unternehmen ist dies eine massive Herausforderung, da sie die Transparenz entlang ihrer Wertschöpfungskette deutlich verbessern und Berichterstattungs- und Überwachungsinstrumente etablieren müssen, um die Einhaltung der Richtlinie sicherzustellen (und Strafen zu vermeiden). Viele Unternehmen, die sich auf die bloße Einhaltung von Mindeststandards zurückgezogen haben, wird die Umsetzung dieser Hebel, die wir auf einem deutlich höheren Komplexitätsniveau in unserer Schachbrett-Matrix verorten, vor erhebliche Probleme stellen – Probleme, die sie innerhalb sehr kurzer Zeit lösen müssen. Die vorgeschlagene EU-Richtlinie ist ein drastisches Beispiel dafür, dass Unternehmen, die einen passiven, rein Compliance-orientierten Ansatz verfolgen, auf dem falschen Fuß erwischt werden können, wenn der Gesetzgeber einen großen Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft unternimmt.
Compliance-Schulungen
Es ist überaus wichtig, auch dann noch aktiv an der Compliance zu arbeiten, wenn alle zugehörigen Richtlinien eingeführt wurden und im Intranet des Unternehmens verfügbar sind. Aus unserer Praxis wissen wir, dass Fehlinterpretationen im Alltagsgeschäft und mangelndes Wissen zu schweren Unternehmenskrisen führen können. Aus diesem Grund raten wir dringend zu einem Compliance-Schulungsprogramm, das wesentliche Teile des Unternehmens umfassen sollte. Eine Gruppenfunktion sollte die Rechtspraxis des Unternehmens überwachen, um sicherzustellen, dass sie im Einklang mit den maßgeblichen Gesetzen und Vorschriften steht, dass neue Regelungen zeitnah eingepflegt und sich abzeichnende Anforderungen antizipiert werden. Kleinere Unternehmen lagern diese Aufgabe womöglich aus, während ihre größeren Peers meist auf eigene juristische Ressourcen zurückgreifen können.
Wichtiger noch sind unternehmensweite Compliance-Schulungsprogramme, mit denen Bewusstsein, Wissen und Rückhalt sichergestellt werden. Diese Programme müssen sowohl neu eingestellte Beschäftigte (zur Vermittlung der Unternehmensstandards) als auch die vorhandene Belegschaft (zur regelmäßigen Auffrischung der Schulungsinhalte) umfassen und können in Präsenz vor Ort, über ein digitales Besprechungstool oder als Onlinekurs angeboten werden. Sie sollten ein breites Spektrum an Inhalten mit einem spezifischen Ansatz (zum Beispiel für Einkäufer) verbinden, sodass die Schulung gleichermaßen relevant wie interessant ist. Wenn Nachhaltigkeit sorgfältig umgesetzt wird, ist sie mit der Gesamtausrichtung des Unternehmens eng verzahnt, und es wird deutlich, wie wichtig sie für die Realisierung der strategischen Vorhaben ist.
FALLSTUDIE: Australisches FMCG-Unternehmen
Im Zuge eines umfassenden Beschaffungsprojekts untersuchten wir die Geschäftsbedingungen und den Lieferanten-Verhaltenskodex eines australischen Anbieters von FMCG (Fast Moving Consumer Goods). Dabei bemerkten wir, dass einige bedeutende Nachhaltigkeitsaspekte, insbesondere mit Blick auf faire Arbeitsbedingungen, nicht berücksichtigt waren. Unser Klient lief Gefahr, beträchtliche Strafzahlungen leisten zu müssen, falls bei einem seiner direkten Lieferanten Defizite beim Arbeitnehmerschutz festgestellt werden sollten.
Wir unterstützten das Beschaffungsteam des Klienten, indem wir eine Compliance-Schulung durchführten und sicherstellten, dass die Teammitglieder mit allen maßgeblichen Gesetzen und Vorschriften in Australien vertraut waren. Um die künftige Compliance sicherzustellen, fügten wir außerdem eine Klausel über den Ausschluss moderner Sklaverei in die standardmäßigen RFP-Dokumente und den Lieferantenkodex des Klienten ein.
Unterstützung durch die C-Levels
Change Management beginnt auf der höchsten Ebene, und Veränderungen für mehr Nachhaltigkeit sind hier keine Ausnahme. Als erfolgreiches, nachhaltiges Unternehmen haben Sie eine Vorbildfunktion. Ihre C-Levels müssen geschlossen hinter der Transformation stehen und sich aktiv an ausgewählten Maßnahmen beteiligen.
Damit diese Unterstützung wirksam wird, darf sie kein Lippenbekenntnis bleiben. Wenn ein CEO zum Beispiel direkt nach einem Skandal oder einer Umweltkatastrophe vollmundig verkündet, dass sein Unternehmen der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, wirkt dies wenig glaubhaft. Es wird dauern, bis interne und externe Stakeholder davon überzeugt sind, dass diese Selbstverpflichtung Realität und ein zentraler Bestandteil der weiteren Unternehmensstrategie ist.
Wenn sie jedoch richtig kommuniziert wird, trägt sie zur Bildung einer stabilen Nachhaltigkeitskultur auf allen Ebenen des Unternehmens bei, verbessert die Ausrichtung an den Nachhaltigkeitszielen und unterstützt den Change-Management-Prozess. Unterstützung und Einbindung der C-Suite lassen sich stärken, indem sie mit anderen Hebeln der Schachbrett-Matrix verknüpft werden (zum Beispiel mit Nachhaltigkeitsfinanzierung und Partnerschaften), die weitreichende öffentliche Wirkung haben. Auch die Anpassung interner Richtlinien (zu Firmenwagen, Online-Meetings, Geschäftsreisen und dergleichen) sowie der persönliche Einsatz (zum Beispiel in Form von Community-Engagement, Sponsoren- oder Spendentätigkeit) kann hier hilfreich sein.
FALLSTUDIE: Kaiser Permanente
Der US-amerikanische Betreiber von Krankenhäusern und Arztpraxen betrachtet den Klimawandel als Herausforderung für die öffentliche Gesundheit. Zur Emissionsverringerung hat Kaiser an Dutzenden seiner Standorte Solarpaneele installiert, Hunderte von Ladestationen für E-Autos eingerichtet und das erste kalifornische Krankenhaus-Mikronetz geschaffen, das ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Auch bei der Vermeidung toxischer Brandhemmer in seinen Einrichtungen war Kaiser ein Vorreiter. Als nächstes großes Ziel will das Unternehmen bis 2025 klimaneutral werden.
Unternehmensweite Nachhaltigkeitsziele
Strategie und Zielsetzungen sind eng miteinander verbunden. Nachdem Sie Ihre Strategie nachhaltig ausgerichtet haben und die Unternehmensführung auf Ihrer Seite ist, müssen Sie geeignete Ziele für das weitere Vorgehen identifizieren.
Diese Ziele sollten nachvollziehbar, messbar, greifbar und umsetzbar sein. Mit einiger Wahrscheinlichkeit werden sie auf den Bedürfnissen der wichtigsten Stakeholder basieren, die Sie auf Ihrem Nachhaltigkeitsweg begleiten. Wenn Sie eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt haben, können Sie anhand der gewonnenen Erkenntnisse sehr viel besser beurteilen, wie die Erfordernisse und die Unterstützung Ihrer Stakeholder aussehen, und Ihre Ziele entsprechend anpassen. Dabei können Ziele auf ganz unterschiedliche Erfordernisse ausgerichtet sein, sei es auf regulatorische/rechtliche Standards, auf Mindestanforderungen von Geschäftspartnern oder auf Marken-/Marketingzwecke. Auch die Sachverhalte, auf die sie gerichtet sind, können sehr unterschiedlich beschaffen sein. Während Emissionsziele in nahezu allen Branchen zu finden sind, verordnen sich nur wenige Unternehmen konkrete Ziele für ihre gesellschaftliche Wirkung.
Nachhaltigkeitsziele sollten mit der generellen Unternehmensagenda im Einklang stehen und in die interne Kommunikation der C-Suite eingebunden sein. Unterstützung durch einige, aber nicht alle Teile des Unternehmens reicht hier schlicht nicht aus. Die Strategien für die Kommunikation der Ziele müssen die Entscheidung überzeugend begründen und den Zweck benennen, der mit den Zielen verfolgt wird. Auch hier gilt das Motto „Was messbar ist, ist machbar“. Für einen effektiven, schrittweisen Ansatz empfehlen wir die Definition einer Zeitschiene mit kurz-, mittel- und langfristigen Meilensteinen. Ergänzt werden sollte dies durch einen Tracking-Mechanismus, der im Einklang mit den generellen Berichterstattungsverfahren steht und die Bedeutung der vereinbarten Ziele unterstreicht.
FALLSTUDIE: Hexpol
Der schwedische Polymerhersteller führte unternehmensweite Nachhaltigkeitsziele ein, um die Sicherheit am Arbeitsplatz zu erhöhen und sich als vorbildlicher Corporate Citizen zu erweisen. Zu diesem Zweck implementierte Hexpol einen systematischen Ansatz, der sich an der UN-Agenda 2030 und den 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung orientierte. Der Hexpol-Ansatz beinhaltet Energieeffizienz, Klimawandel, zertifizierte Umweltmanagementsysteme, Kontrolle und Ersatz von Gefahrstoffen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sowie verschiedene Aspekte der Wertschöpfungskette. Die Schaffung von Nachhaltigkeitsbewusstsein und die Realisierung der Unternehmensziele ist eine Aufgabe, die alle Beteiligten mit Nachdruck und Engagement vorantreiben.
FALLSTUDIE: Mondelēz International
Der internationale F&B-Konzern Mondelēz International hat sich unternehmensweite Nachhaltigkeitsziele gesetzt. So soll bis 2025 nur noch Kakao aus nachhaltiger Produktion bezogen werden (2019: 63 Prozent), das verwendete Verpackungsmaterial soll zu 100 Prozent recyclingfähig sein, alle Kunststoffverpackungen sollen zu 5 Prozent aus Recyclingmaterial bestehen, und die absoluten Emissionen (Scope 1, 2, 3) sollen um 10 Prozent gesenkt werden. Neben der vorbildlichen Definition von klaren, messbaren, quantifizierbaren und umsetzbaren Zielen zeigt dieses Beispiel auch, wie wichtig ein gründliches Baselining ist, um einen geeigneten Ausgangspunkt zu definieren, der später als Referenz verwendet werden kann.
Nachhaltigkeitsteam auf Unternehmensebene
Nachdem Sie die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften sichergestellt und die Grundlagen für eine prosperierende Nachhaltigkeitskultur geschaffen haben – zum Beispiel in Form klar definierter Ziele und einer soliden Unterstützung durch die C-Suite –, brauchen Sie nun ein Team, das Ziele wie Kultur im Tagesgeschäft verankert. Mit einem dedizierten Team können Sie sich darauf verlassen, dass die notwendigen Ressourcen vorhanden sind, um schwierigere oder komplexere Initiativen anzugehen. Ein solches Team erweist sich außerdem als förderlich für klar definierte Rechenschaftspflichten und Zuständigkeiten im Unternehmen.
Für die Einrichtung eines Nachhaltigkeitsteams gibt es kein Patentrezept, vielmehr müssen Sie stets Ihr Unternehmen und seine Erfordernisse im Blick haben. Eines ist jedoch klar: Ihr Nachhaltigkeitsteam sollte möglichst vielfältige Kompetenzen in sich vereinen, um möglichst breit aufgestellt zu sein. Das Team sollte mit seinem Kompetenzprofil die Unternehmensprioritäten widerspiegeln, weshalb seine Mitglieder üblicherweise aus verschiedenen Funktionen wie Beschaffung, Transportwesen oder Kreislaufwirtschaft stammen. Festzulegen ist auch, ob Sie eine unternehmensweite Expertenstruktur für Nachhaltigkeitsfragen schaffen oder auf die vorhandenen Fachkräfte auf lokaler und Bereichsebene zurückgreifen und sie mit zusätzlichen Aufgaben betrauen wollen. Da häufig zusätzliches Fachwissen benötigt wird (so besteht zum Beispiel ein großer Unterschied zwischen einem Experten für sozial relevante Initiativen und einem Experten für nachhaltiges Transportwesen), sollte Ihr Nachhaltigkeitsteam auch talentierte Projektmanager umfassen, die die Zusammenarbeit mit verschiedenen internen und externen Spezialisten und Funktionen koordinieren.
Das Nachhaltigkeitsteam auf Unternehmensebene sollte einer klar definierten Person unterstellt sein, die das Team und sein Budget managt. Idealerweise handelt es sich dabei um einen Chief Sustainability Officer oder einen anderen Vertreter des Top-Managements.
Stakeholder-Dialog
Der engagierte Dialog mit allen direkten Stakeholdern ist ein wichtiger Hebel für einen effektiven Nachhaltigkeitsdiskurs. Im Gegensatz zum eher normativen Dialog im rechten oberen Quadranten der Schachbrett-Matrix ist dieser Dialog stärker auf Daten und Kennzahlen ausgerichtet, um gemeinsame Effekte besser aufeinander abzustimmen.
Der Stakeholder-Dialog soll als Inspirationsquelle dienen. Er soll für ein umfassenderes Verständnis sorgen, künftige Schlüsseltreiber identifizieren und die aus dem Dialog gewonnenen Daten dazu nutzen, Aufgaben wie die Erstellung von Nachhaltigkeitsszenarien durchzuführen. Damit dieser Hebel erfolgreich verwendet werden kann, brauchen Sie die richtigen Partner. Viele Industriezweige benötigen massive Infrastrukturprogramme (zum Beispiel zur Elektrifizierung des Verkehrswesens, für das Recycling von Kunststoffen und dergleichen), an denen zahlreiche Stakeholder beteiligt werden müssen. Der Dialog mit ihnen kann auf verschiedene Weise organisiert werden: als regelmäßige Besprechung von Stakeholder-Vertretern, als Umfrage unter den Teilnehmern oder als informelles, aber regelmäßiges Telefonat, mit dem Sie den Kontakt zu Einzelpersonen oder Unternehmen halten.
Ein gut entwickelter Stakeholder-Dialog beinhaltet ein engagiertes Eintreten für Nachhaltigkeit (das heißt den Austausch mit Regulierungsbehörden über Maßnahmen zur 80 81 Nachhaltigkeitsförderung) sowie die Aufklärung der Verbraucher (das heißt praxisbezogene Vorschläge für mehr Nachhaltigkeit). Auf jeden Fall aber benötigt diese Art von Dialog ein hohes Maß an Entschlossenheit und Geduld. Ein Beispiel macht dies deutlich: Das schwedische Recyclingsystem für Getränkedosen ist seit 40 Jahren etabliert und erzielt sehr hohe Recyclingraten, da die Verbraucher damit vertraut sind und es akzeptiert haben. Die Recyclingrate von Kaffeekapseln ist allerdings deutlich niedriger, obwohl das darin enthaltene Aluminium sehr gut recyclingfähig ist und es viele Abgabestellen gibt. Die Verbraucher haben schlicht noch kein Bewusstsein für die Problematik entwickelt – eine Situation, die sich durch einen aktiveren Stakeholder-Dialog verbessern ließe.
FALLSTUDIE: Mercedes-Benz
Der deutsche Autohersteller Mercedes-Benz pflegt einen intensiven Stakeholder-Dialog, um zu einem besseren Verständnis der Nachhaltigkeitsthematik zu gelangen. Zu diesem Zweck unterhält er Kontakte zu primären Stakeholdern wie Beschäftigen, Kunden, Kreditgebern, Lieferanten und Aktionären ebenso wie zu sekundären Stakeholdern, zu denen NGOs, Berufsverbände, Medien, Anwohner, Kommunen, Politiker, Wissenschaftler, Gewerkschaften und dergleichen gehören.
Um einen effektiven Austausch sicherzustellen, hat die Mercedes-Benz Group klar definierte Kommunikationskanäle eingerichtet. Unterstützt wird dies durch den „Daimler Sustainability Dialogue“, ein jährlich stattfindendes Forum, das Vertreter verschiedener Stakeholder mit Entscheidungsträgern des Unternehmens zusammenbringt. Über die Paneldiskussionen holt sich Mercedes-Benz Rückmeldung zu seinem Nachhaltigkeitsstatus und entwickelt daraus seine Ziele für das darauffolgende Jahr. Nachdem der Dialog zunächst in der Firmenzentrale veranstaltet wurde, findet er nun als globaler Event im digitalen Raum statt. Als zusätzliche Maßnahme richtete Mercedes-Benz einen Beirat für Integrität und Unternehmensverantwortung ein, an dem unabhängige externe Spezialisten beteiligt sind.
Der Konzern nutzt zudem regionale Veranstaltungen, um Feedback direkt vor Ort an seinen Standorten einzuholen, zum Beispiel am Daimler Forum Immendingen. Bei diesen Gesprächen informiert er Anwohner über seine Projekte und nimmt ihre Vorschläge, Ideen und Kritikpunkte auf.
Kooperation mit NGOs
Für Ihre Nachhaltigkeitstransformation müssen Sie auch mit Partnern wie Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zusammenarbeiten. Aus dem engeren Kontakt und der Kooperation mit einer relevanten NGO lassen sich gleich mehrere Vorteile ziehen: Sie sind näher an den betreffenden Communities und erfahren, was ein bedeutender Stakeholder von Ihren Nachhaltigkeitsprioritäten denkt. Sie bauen wechselseitiges Vertrauen auf und erhalten (oft kostenlosen) Input, mit dem Sie Ihre eigene Performance verbessern können. Zudem unterstreichen Sie mit einer solchen Kooperation Ihre Position als Nachhaltigkeitsleader, da Sie bereit sind, sogar potenziell abweichende Meinungen in Ihren Transformationsprozess einfließen zu lassen.
Damit die Zusammenarbeit funktioniert, muss Einvernehmen darüber herrschen, wie die Partnerschaft die Nachhaltigkeitsperformance Ihres Unternehmens verbessern soll. Wenn Sie sich mit der betreffenden NGO auf eine gemeinsame Mission einigen können, ist dies ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Ebenso wichtig sind regelmäßige Überprüfungen, um Fortschritte zu beurteilen und Ziele anzupassen. Eine solche Kooperation wird dann ein Erfolg, wenn Sie Zielsetzungen, Machbarkeit und Visibilität, wichtige Informationen, Ressourcen und Legitimierung miteinander teilen. Dabei ist wichtig, dass die Kooperation in beide Richtungen funktioniert und für beide Partner Vorteile bringt.
FALLSTUDIE: Air France-KLM
Die internationale Luftfahrtallianz Air France-KLM unterhält eine Partnerschaft mit der Nichtregierungsorganisation Acting for Life, die sich für wirtschaftliche Entwicklung und nachhaltigen Tourismus engagiert. KLM setzt auf langfristige Kooperationen zum Beispiel mit seinen strategischen Partnern UNICEF und WWF-NL sowie Doctor2Doctor, Wings of Support, Get it Done und Close the Gap. Air France und KLM informieren ihre Fluggäste über die sozialen und humanitären Programme, die sie unterstützen. In ihren Bordzeitschriften veröffentlichen sie zudem jeden Monat einen Artikel zum Projekt einer Partner-NGO.
Nachhaltigkeitsgesteuerte Standards
Unternehmen mit maximaler Nachhaltigkeitsambition stellen sicher, dass Nachhaltigkeit fest in ihre Kultur eingeschrieben und inhärenter Bestandteil aller Prozesse und Standards ist. Wenn sie den hier beschriebenen Hebel nutzen wollen, muss Nachhaltigkeit jedoch nicht nur in vorhandene, sondern auch in neu hinzukommende Prozesse, Standards und Normen fest integriert sein. Diese Vorgehensweise, die kompromisslos auf Nachhaltigkeit setzt, bezieht sich auf die Standards und Prozesse in allen Funktionen, von Reise- und Firmenwagenrichtlinien über Einkaufsprozesse bis hin zu Vergütungsentscheidungen.
Bei konsequenter Anwendung erreichen Unternehmen somit automatisch ein höheres Nachhaltigkeitsniveau, da ihre Standards und Prozesse ausnahmslos am Unternehmensziel der Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Standardverfahren und -prozesse fördern die Nachhaltigkeitskultur als Ganzes, da für die Beschäftigten offensichtlich ist, dass Nachhaltigkeit tatsächlich im Zentrum der Entscheidungsfindung steht. Wenn Sie nachhaltigkeitsgesteuerte Standards einführen wollen, sollten Sie zunächst die bestehenden Richtlinien und Standards daraufhin untersuchen, ob sie mit Ihren Nachhaltigkeitszielen in Einklang stehen. Erst danach können Sie einen neuen Prozess definieren, um Richtlinien und Standards zu formulieren, die von Grund auf nachhaltig sind. Wenn Sie diese Reihenfolge nicht einhalten, kommt es zwangsläufig zu Konflikten zwischen bisherigen, nicht nachhaltigen Standards und Ihrer neuen Fokussierung. Das inkongruente Bild, das für Ihre Stakeholder dadurch entsteht, kann leicht zu Greenwashing-Vorwürfen führen.