TEXT VON SÖREN GRABOWSKI, MORITZ TYBUS, JONAS SCHMIDT UND MARC WIERZBITZKI

Wie sieht der Kunde der Zukunft aus? Welche Präferenzen hinsichtlich seiner Konnektivität wird er haben? Und was sind die Wachstumsfelder, auf die man sich konzentrieren sollte? All dies sind Fragen, die sich derzeit Telekommunikationsanbieter weltweit stellen. Denn eines ist klar: Der Wettbewerbsdruck nimmt stetig weiter zu, während Investitionen für den Ausbau von neuen Technologien wie 5G oder Glasfaser die Anbieter zusätzlich fordern. Im Rahmen unserer globalen Studie „NextGen 2020: the Connected Consumer“ haben wir uns mit diesen Fragen beschäftigt und sehen dabei eine einmalige Chance für die Telekommunikationsindustrie, sich aus der Rolle des reinen Konnektivitätsanbieters zu befreien. Einfach wird das aber nicht.

Besonders deutsche Anbieter tun sich hier schwer. Zwar ist auch unter deutschen Konsumenten die Nutzung von digitalen Angeboten wie Video-on-Demand, Musikstreaming und Onlinegaming schon fortgeschritten, allerdings landet das Geld für diese Dienste in einem Großteil der Fälle nicht bei den Telekommunikationsanbietern, sondern bei den globalen digitalen Plattformen wie Netflix, Apple oder Amazon. Sollte sich dies auch in Zukunftsfeldern wie Connected Devices fortsetzen, droht den Telekommunikationsunternehmen, dass sie nur noch als Datenbereitsteller wahrgenommen werden.

Doch nicht nur die Anbieter haben Nachholbedarf – auch die Konsumenten in Deutschland sind im europäischen und globalen Vergleich weitaus weniger digital verbunden. Unser Connected Consumer Index (CCI), der das Nutzungsverhalten der Konsumenten über drei große Kategorien – Konnektivität, Medien und Entertainment sowie Connected Devices – misst, zeigt ein dramatisches Bild: Zwar ist die Performance in den Standard-Telekommunikationsdiensten wie Mobilfunk, Festnetz und Pay-TV noch vergleichbar, allerdings sind es vor allem die digitalen Bereiche, die Deutschland unterdurchschnittlich abschneiden lassen.

Die Gründe für diese alarmierenden Zahlen sind vielfältig und haben ihren Ursprung auch im Zustand der Basisinfrastruktur – jedoch sollten sich die deutschen Telekommunikationsanbieter vor allem auf die Zukunft konzentrieren, um die bestehenden Möglichkeiten auszuschöpfen. Denn wie unsere Studie ebenfalls zeigt, gibt es ein enormes Potenzial von 12,8 Milliarden Euro über die drei analysierten Bereiche hinweg.

Auch bei Konnektivität gibt es noch Potential in Deutschland

Das große Wachstum liegt in den digitalen Services, aber im traditionellen Telekommunikationsgeschäft gibt es noch weitere Möglichkeiten. Ein Beispiel dafür ist das Thema Internetzugang: So gaben 23 Prozent der Deutschen an, nicht zufrieden mit ihrer derzeitigen Internetverbindung zu sein. Eine bessere Monetisierung dieser Konsumenten durch ein Upgrade ihrer Internetgeschwindigkeit bedingt aber auch die vermehrte Nutzung von datenintensiven Diensten wie Videostreaming. Möglich ist dies aber nur in Verbindung mit einer effektiven und flächendeckenden Breitbandinfrastruktur, die hohe Geschwindigkeiten – wie im europäischen Ausland durchaus üblich – ermöglicht. Vor allem der Glasfaserausbau stellt dabei Staat und Anbieter vor große Herausforderungen.

Abwarten birgt ein großes Risiko für den Telekommunikationssektor: 45 Prozent der befragten Konsumenten wären offen, in Zukunft ihre Dienste nicht mehr bei einem Telekommunikationsunternehmen zu kaufen, sondern bevorzugen stattdessen ein Technologieunternehmen wie Apple oder Google. Vor allem Kunden, die in unserer Studie ein größeres digitales Potenzial zeigen, sind für diesen Schritt eher bereit.

Eine klare Strategie im Bereich Medien und Entertainment ist entscheidend

Größerer Wachstumsmarkt sind aber die Dienste für Medien und Entertainment. Unsere Analyse zeigt dabei ein Steigerungspotenzial der durchschnittlichen Ausgaben um rund 30 Prozent in den nächsten Jahren. Kunden, die Video-on-Demand nutzen, sind echte digitale Vorreiter und geben wesentlich mehr für Konnektivität (+26 Prozent) und digitale Services (5x) aus. Die globale Konkurrenz schläft allerdings nicht und hat in Deutschland bei Videodiensten schon eine dominierende Stellung. Daher liegt die Herausforderung für die Anbieter darin, einen passenden Ansatz zu finden und zu definieren, welche Rolle das Unternehmen in der Wertschöpfungskette spielen möchte: Möchte man Reseller bleiben oder selbst mit eigenen – wettbewerbsfähigen – Angeboten den Markt betreten?